Zur Rubrik "Bewegte Bilder"
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Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford (2007)

Lange bevor ich den Film sah, kam ich über Last.fm in Kontakt mit dessen wunderbarem, schwermütigem Soundtrack von Nick Cave & Warren Ellis. Stücke wie das entrückt-trauervolle "Song for Bob" liefen anschließend in Dauerrotation. Der dazugehörige melancholische Western "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" ist ebenfalls erwartet fantastisch und läßt die vielen überschwänglichen Lobpreisungen als tatsächlich gerechtfertigt erscheinen. You better believe the hype. Bereits der sperrige Titel und das Poster, das zwei verlorene Personen in einer weiten und leeren Landschaft zeigt, deuten an, daß es sich hier nicht um einen Genrefilm von der Stange oder eine konfektionell erzählte Geschichte handelt. Keine eindeutigen Helden, keine hassenswerten Schurken, keine wilden Verfolgungsjagden oder Schießereien. Vielmehr finden wir uns in einer nuancierten Charakterstudie wieder, welche vor allem die beiden Hauptfiguren immer weiter entfaltet, weitere Schichten ihrer persönlichen Entwicklungsgeschichte freilegt. Sie läßt sich dabei Zeit. Viel Zeit. Der bedrohlich-undurchsichtige Jesse James, mit seinem stechend-abschätzenden Blick, und der verdruckst-ambitionierte Robert Ford, mit seinem gezwungenen Grinsen, enthüllen in mannigfaltigen ruhigen und in ihrer unterschwelligen Anspannung sich steigernden Szenarien ihre inneren Brechungen, ihre emotionalen und motivativen Vielschichtigkeiten. Die fabulösen, subtilen Performances von Brad Pitt und Casey Affleck verleihen ihnen dabei eine tiefbewegende Vitalität.
Es ist dies eine Parabel über Vertrauen und Verrat, Paranoia und Isolation, Geltungswillen und Desillusion, sowie die Schattenseiten des Ruhms und die Macht der Mythenbildung. Die Tragik der Sackgassen des Schicksals im Rahmen eines historischen Kontexts, betrachtet jenseits der verzerrten öffentlichen Wahrnehmung durch die detailierte Wahrhaftigkeit des individuellen Vergrößerungsglases. Eine Parabel über die Zerbrechlichkeit und die Ausgesetztheit der Existenz, über die flüchtige Natur des persönlichen Glücks.
All dies eingefangen in wundervollen, schwelgerisch-elegischen Bildern, der perfekten Vermählung von naturalistischem Realismus und purer magischer Bildsprache.
Prachtvoll.

- Heiko - 11/2013