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metallica - ride the lightning
(1984)

metallica - ride the lightning

metallica ride the lightning

Als ich Metallica so etwa Anfang 1988 kennenlernte, waren sie für mich, genauso wie für viele andere Fans zuvor, gerade auch mit diesem ihrem zweiten Album schlicht und einfach zu nicht weniger als der besten Band der uns bekannten Welt avanciert. Trotz des damals noch recht beschränkten musikalischen Horizonts, den ich mir aus heutiger Sicht attestieren muß (wie wird das wohl in weiteren 15 Jahren sein?), bleibt "Ride The Lightning" - neben den kaum schwächeren "Kill 'Em All" und "Master Of Puppets" - selbst in der Gegenwart des Jahres 2003 noch immer ein unantastbarer Klassiker. Und ich glaube nicht, daß sich in den nächsten 1000 Jahren daran Grundlegendes ändern wird.
Ein gutes Cover und - im Gegensatz zu den eher pubertär gefärbten des vorjährigen Debuts - ebensolche Texte, ein Killersound und die in jeglicher Hinsicht perfekte Verbindung von Härte und Spieltechnik, der erheblichen Variation von Stimmung und Geschwindigkeit, sowie einem phänomenalen Gespür für urmusterhafte, unmittelbar das kollektive Unterbewußte eines jeden Hörers zu reflektieren scheinende Melodien, waren und sind, skizzenhaft formuliert, einige der augenscheinlichsten Vorzüge von "Ride The Lightning". Verglichen mit dem nicht nur für damalige Verhältnisse sensationellen, stilprägenden Erstling (dessen Coverbild - das einen schweren Hammer neben einer Blutlache liegend zeigt und in Verbindung mit dem Titel "Kill 'Em All" natürlich ausschließlich die zuvor nicht gekannte brutale Wirkung der Musik verdeutlichen soll - können wir mit etwas gutem Willen dem Übermut Heranwachsender zuschreiben...) wirkte das Album noch ein Stückchen ausgereifter und um einiges abgeklärter, was am augenscheinlichsten für James Hetfields Gesang gilt, ohne durch diesen Umstand allzu sehr an Esprit zu verlieren.
Neben Slayer, Iron Maiden, Judas Priest avancierten Metallica in den 80ern, als der Heavy Metal Aufbruch und vollste Blüte erfuhr, zur vorbildhaftesten und einflußreichsten Formation dieses Musikstils; ansonsten können wir uns biographische Anmerkungen oder dergleichen Beiwerk gerade und besonders in diesem tausende Male wiedergekäuten Karriereverlauf mal wieder getrost sparen und gleich beim Wesentlichen einsteigen...
Kristalline Akustikgitarren leiten das Werk ein, bis nach kurzer Zeit die Ruhe von dem Sturm abrupt endet und ein sonischer Flächenbrand namens "Fight Fire With Fire" in eigenwilliger, jedoch terminativer Rhythmik wie eine Feuerwalze heranbrandet, welche über die bis dato eher steppenhafte Prärie meines damaligen Musikbewußtseins wütete, auf welcher eben noch völlig unschuldig und ahnungslos Antilopen wie Bon Jovi, Dokken, Bonfire oder Def Leppard vor sich hin grasten, Wühlmäuse wie Doro & Warlock kurz ihr Näschen aus dem unterirdischen Bau reckten und gleich wieder abtauchten oder Präriehunde wie AC/DC umherstreunerten. Danach war nichts mehr so, wie noch kurz zuvor. Dieser aufbrausende Auftakt und das, was noch folgen sollte, hinterließen sehr viel Asche. Und ebensoviel neuen, fruchtbaren Boden, auf dem nicht nur in meiner, sondern auch der allgemeinen metallischen Landschaft Unmengen an Saat keimen und aufgehen sollte.
Das folgende Titelstück besticht gleich einmal mit einer brillanten Doppelleadgitarren-Melodie und im Verlauf ebensolchen Harmonien und Tempiwechseln. Man höre nur einmal den instrumentellen Mittelteil, den furioseste Soli krönen. Thematisch wendet man sich der umstrittenen Anwendung der Todesstrafe zu, welche auch in einem angeblich zivililisierten Land wie den USA noch immer praktiziert wird. Einigermaßen geschmackssicher, ohne falsches oder reißerisches Pathos, schildert James Hetfield die Gedanken eines zum Tode Verurteilten. Seine inneren Qualen, als er auf das Unvermeidliche wartet und sich ihm schließlich gegenüber sieht, und die seinerseits anklagende Frage an seine anmaßenden Richter: "Who made you God to say, 'I'll take your life from you' ?!?". Ist es möglich, ein begangenes Unrecht durch begehen eines weiteren Unrechts sühnen? Ist das denn wirklich ein Akt der Gerechtigkeit?
Diese Frage stellt sich noch dringlicher, wenn man sich vor Augen führt, daß so manch Unschuldigem durch das mitunter leichtfertige, schlampige amerikanische Rechtssystem die schockierende und endgültige Rolle des "dead man walking" aufgenötigt wird.
Mit dem schleppenden Midtempokracher "For Whom The Bell Tolls" folgt der nächste stil- und stimmungsvolle Klassiker. Wie nahezu das gesamte Werk recht düster und heavy, aber eben ausgewogen und genial wie selten kontrastiert durch Gesangs- und Gitarrenmelodien, die man vom ersten Kontakt an glaubt schon immer gekannt zu haben, durch die, wenn es sie nicht gäbe, wenn nicht eine begnadete Band wie Metallica dahergekommen und sie irgendwann intonierte hätte, einem die Welt schlichtweg unvollständig erschiene.
Auch dieser Song stellt die Frage nach einer Rechtfertigung für einen verfrühten, sinnlosen, gewalttätigen Tod eines Menschen, welche die verantwortenden, diesen befehlenden Machthaber zweifellos schuldig bleiben müßten. Wieder wird auf allzu platte Parolen verzichtet und in persönlicher Erzählperspektive die Hölle der einfachen Soldaten dargestellt, die im Kriegseinsatz irgendeinen verdammten, allenfalls in den Köpfen der Schlachtenstrategen wichtigen Hügel einnehmen sollen, um dabei grundlos ihr Leben zu verlieren oder köperlich respektive seelisch zu verkrüppeln. Natürlich könnte man hier den Einwand des Klischeethemas vorbringen, das zu verwenden sich einem solch harten Sound eben geradezu anbietet. Dies ist nicht so leicht von der Hand zu weisen. Nichtsdestotrotz bleibt es dennoch zulässig. Was zählt, ist die Glaubwürdigkeit. Man sollte unterscheiden, ob die Musiker ein Thema nur darum wählen, damit sie Gelegenheit haben, eine derbe, gewalttätige Geschichte herausbrüllen zu können, oder auch, um mit der Verbalisierung einer solchen Problematik plakativ die eigene Rechtschaffenheit zu suggerieren - oder, ob es ihnen damit tatsächlich ein echtes Anliegen ist.
Die Dramaturgie des Albums enthüllt in dem sich anschließenden "Fade To Black" einen weiteren, diesmal eher getragenen, sensibel-gefühlvollen Höhepunkt. Das bequeme Wort "Ballade" anzubringen scheint eine sehr schlichte, ungenügende Klassifizierung zu sein, mir fällt indes kein besseres ein. Wunderschöne klassizistische Akustikgitarren begleiten in den Strophen Hetfields anrührenden, melancholischen Gesang (unglaublich, daß sie angeblich noch zu dieser Zeit auf der händeringenden Suche nach einem "richtigen" Sänger waren...), welcher aus den tiefsten Schlünden der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wie ein letztes zu verlöschen drohendes Bekenntnis emporzusteigen scheint. Immer wieder dynamisch unterbrochen von aufwallenden E-Gitarreneinschüben und schließlich in einem ausgedehnten Schußteil, mit phantastischsten Leadgitarren, mitreißenden, an Violinen erinnernden Riffs sich in einen berauschenden, farbigen Melodienreigen hineinsteigert, in welchem die Band klingt wie ein ganzes Symphonieorchester und deutlich macht, daß das im Text angekündigte "Verlöschen im Dunkel" nichts Endgültiges an sich hat, daß die Seele auch wieder emporgetragen werden und erstrahlen kann. Nichts anderes geschieht hier, bei diesem Hymnus über die Verzweiflung, welcher sich schließlich zu einem des Trostes, dessen wir alle in solchen Momenten der Bedrängnis bedürfen, wandelt.
"Trapped Under Ice" bietet dann wieder die absolute Vollbedienung. Kernige, rakentenhaft beschleunigende Riffs fetzen zusammen mit der ungebändigten Rhythmussektion gebildet von Bassist Cliff Burton und Schlagzeuger Lars Ullrich durch die schemenhaft an einem vorbeifliegende Landschaft, eben noch im dreidimensionalen Raum festgefügte, starre Gegenstände verlieren plötzlich ihre Form, dehnen sich, unnatürlich wirkend und die alltäglich erfahrenen physikalischen Gesetzmäßigkeiten verlachend, flächig scheinbar bis ins Unendliche aus, zu einem verwaschen schimmernden Tunnel durch die mit Blicken undurchdringliche Schwärze des Kosmos, welcher einen unzweifelhaft in sich rasend dahinschlängelnder Reise im Augenaufschlag bis ans andere Ende des Universums versetzen könnte. James Hetfield wühlt mental abermals in der kalten, frostigen Verzweiflung, diesmal schreit er sich jedoch den Frust rückhaltlos von der Seele, während Gitarrist Kirk Hammett nach jedem Chorus kurze wild aufheulende Soli aufzucken läßt. Das Ganze wird auch nach einem Break im glänzenden Mittelteil kaum gezügelt, bevor diese ungemeine Energie freisetzende Speed-Orgie letztlich, wiederum auf Warpgeschwindigkeit übergehend, zum Endspurt ansetzt.
Das gemäßigtere "Escape" ist jener Song des Albums, welchen man als einzigen zuerst einmal Gefahr läuft zu übersehen. Zu unrecht, denn ist dies doch eine famose kleine Hymne mit einem hochmelodischen Refrain geworden, welche zwischen all den anderen spektakulären, ansonsten schlicht und einfach alles wegrulenden Krachern immerhin nicht verblaßt. Zudem bietet sich einem hier tatsächlich die einzige ausschließlich positive Aussage von "Ride The Lightning" dar. Da ich mich mit selbiger weitreichend identifizieren kann, scheint wieder mal ein Zitat fällig; und zwar heißt es da etwa, in dieser Ode an Freiheit und Selbstbestimmung: "Out for my own, out to be free; one with my mind, they just can't see; no need to hear things that they say; life is for my own, to live my own way!" - yessss, da kann man doch eigentlich nur noch voller Inbrunst mit einstimmen!
Dann ...... "Creeping Death".
Mehr muß man eigentlich nicht sagen. Alleine schon bei der Erwähnung dieses Titels müßte jedem unserer Leser ein Funkeln in den Augen glimmen und ein selig-abwesender Ausdruck ins Gesicht treten, während aus seinem musikalischen Gedächtnis die markantesten Teile dieser archetypischen Intonation eines fulminanten, totgeilen, in allen seinen Segmenten perfekt aufeinander abgestimmten Speed Metal-Songs an die Oberfläche des Bewußtseins empordrängen und ihn die kaum gebändigte, lebendig vibrierende Energie spüren lassen, welche hier kometenhaft rauschend in die Grenzenlosigkeit des schöpferischen Raumes abgeschossen wurde... Nach einer kurzen semi-orchestralen Einleitung fliegt einem sogleich eines jener gigantischen Gitarrenriffs um die Ohren, welche Metallica seinerzeit zuhauf schrieben und das einem geradeso ins Gesicht klatscht wie die nassen Handtücher auf die blanken Hintern in der Männerdusche. Das Tempo ist nicht übermäßig schnell, doch die entfachte Energie und kompositorische Brillanz begeistert immer wieder auf's neue - die gekonnte Aneinanderreihung der furiosen Riffs, auf denen Hetfields aggressive Gesangsmelodien thronen, nach dem zweiten Refrain abgelöst von erstklassigen Gitarrensoli, welche in einen geilen Break überleiten, dem sich anschließend eine drückende, schwere Passage den Mittelteil des Songs regiert, bevor wieder unaufhaltsam Fahrt aufgenommen wird und sich die gewaltige Energieanspannung schließlich durch fantastische Leads von Hammett gegen Ende entlädt, der Kreis sich schließt und nach einem letzten kompositorischen Übergang der Anfangspart nocheinmal genüßlich ausgedehnt zelebriert wird.
Der "Schleichende Tod" ist einer alttestamentarischen Geschichte entlehnt, wonach der jüdische Gott allen erstgeborenen Söhnen der Ägypter über Nacht den Tod schickte, weil sie sich trotz dessen Androhung widersetzten das versklavte jüdische Volk augenblicklich freizugeben. Die Juden schützten sich vor diesem Schleichenden Tod, indem sie als vereinbahrtes Zeichen das Blut eines Tieres (die armen Hammel waren's, glaube ich) auf ihre Türen auftrugen, damit eben diejenigen markierten Häuser verschont bleiben sollten. Diese Erzählung hat sicher jeder schonmal gehört. Metallica nahmen nun in ihrem Stück die Perspektive jenes unpersönlichen Wesens ein, das unsichtbar und doch todbringend durch das Land zieht. Nette, durchaus originelle und alles andere als unangemessen blutrünstig umgesetzte Idee.
"Creeping Death" bleibt für alle Zeiten einer der genialsten Metalsongs, der je geschrieben wurde. Untoppable.
Den krönenden Abschluß eines Maßstäbe setzenden Albums begeht schließlich ein gut neunminütiges Instrumental mit dem Titel "The Call Of Ktulu". Mit seinen tollen, einmal mehr streicherartigen Gitarrenfigurationen, seinem geschickten sich langsam und mehrmals steigernden Aufbau, den abermals beeindruckenden Soli in der Mitte, kommt erneut die Assotiation zum Symphonieorchester auf und die Komposition hätte wohl durchaus auch einem Mahler, Mussorgski oder Schostakowitsch zur Ehre gereicht. (Nicht, daß ich die erwähnten klassischen Komponisten nun tatsächlich eingehend kennen würde ... man will halt auch mal'n bißchen angeben...) Ansonsten entzieht sich dieses mächtige, monolithische Klanggebilde jeder weiteren Beschreibungsversuche. Versuchte man es in kleingeistiger menschlicher Anmaßung doch, wäre es nicht verwunderlich, fände man sich nach kurzer Zeit gedanklich umherirrend und ohne zwischen auf allen Seiten riesig aufragenden schwarzen Granitmassiven einen gangbaren wortreichen Weg erkennen zu können, inmitten dieser tonalen Berge des Wahnsinns wieder...
Ach ja, Lovecraft. Zieht man den Namen des Stückes in betracht, dürften die Musiker sich unzweifelhaft durch eine Story des literarischen Meisters subtilen kosmischen Horrors, wie ebensolch versierten, tiefgründigen Beschreibers philosophischer Einsichten und paradiesischer Gestade ("Das Weiße Schiff", "Celephais", "Der Silberschlüssel", "Durch Die Tore Des Silberschlüssels" - zusammengefaßt im Band "Die Katzen Von Ulthar", dessen Kernstück "Die Traumsuche Nach dem Unbekannten Kadath" hingegen eigentlich pure abgefahrene Fantasy ist, sieht man einmal von dem Umstand ab, daß sich alles im tiefen geistigen Land der luziden Träume abspielt) haben inspirieren lassen. Leider kenne ich von Lovecrafts Oeuvre (noch) nicht soviel, wie es seiner Bedeutung nach wohl angemessen erschiene; somit weiß ich nicht drauf hinzuweisen, in welcher Geschichte eben jene - wahrscheinlich absonderliche, grauenerregende, im Dunkel des Weltenraums unsäglich nagende - Wesenheit Ktulu seinen Auftritt bekommt. Vielleicht kann diesbezüglich ja einer unserer Leser mit einem Hinweis dienlich sein?
"The Call Of Ktulu" bildete den Auftakt einer (beabsichtigten?) Trilogie großartiger, überlang-elegischer Instrumentalstücke, weiterhin gebildet durch "Orion" ('86, total sssssssuuuper, unfaßbar der ruhige Mittelteil - diese Gitarren!!!) und "To Live Is To Die" ('88 - cooler Titel, haha! Na, aber wer sagt's denn...).
Damit haben wir günstigerweise gleich eine Überleitung zu den neueren Kreationen, welche Metallica, diese einstigen unantastbaren Innovatoren, nach ihren ersten drei klassischen Werken ablieferten. Ich kann's mir einfach nicht verkneifen, die Gelegenheit zu nutzen und ganz kurz noch meine Meinung zum weiteren Werdegang der San Franciscoer abzudrücken.
Beginnen wir mit dem umstrittenen "...And Justice For All". Aus damaliger Sicht konnte man das Aufstöhnen der Enttäuschung, das allenthalben einem Gutteil der Fans sich entrang, die Metallica mit ihren Frühwerken für sich gewannen, absolut nachvollziehen. Die zusehends gemäßigtere Musiziergeschwindigkeit wurde bemängelt, der zu trockene Sound, wie auch eine gewisse Langatmigkeit, hervorgerufen durch die weiter vorangetriebene Tendenz zu überlangen Stücken - besonders augenscheinlich beim 10minütigen Titelsong. Gleich ganz in die Tonne kloppen, wie einige allzu radikale Kritiker meinen, möchte ich "Justice" andererseits keineswegs, denn alles in allem ist es aller eventuell berechtigter Bemängelung zum Trotz, dennoch eine gute Scheibe geworden. Außer dem maßlos öden "Harvester Of Sorrow" gibt es eigentlich keinen wirklich schwachen Song zu vermelden. Demgegenüber mit - logisch - "One", "Dyers Eve", "Frayed Ends Of Sanity", vielleicht noch "The Shortest Straw", oder natürlich dem bereits erwähnten "To Live Is To Die" zweifellose Höhepunkte.
1991 brachte schließlich den endgültigen internationalen Durchbruch zum Multi-Platin-Seller für die Band, durch den langerwarteten Longplayer "Metallica". Anfangs war ich ebenfalls recht enthusiasmiert, so wie sicherlich die meisten anderen der Millionen zählenden Käufer, als ich in einer regionalen HM-Radiosendung ein paar der neuen Songs zu Hören bekam (es wurden selbstredend gleich drei oder vier gespielt), tags darauf im Laden wurde das Werk verlockenderweise im Sonderposten für lässige DM 21.99.- angeboten und somit gleich abgegriffen. Nach wenigen Durchläufen setzte zwar leichte Ernüchterung ein, ich stehe dem Teil andererseits noch heute unverhohlen wohlwollend gegenüber. Für diejenigen Leute aber, deren Selbstbildnis das des wissend-elitären Undergroundkenners ist, war es spätestens mit diesem Erfolg, wenn nicht nur auf den kommerziellen Musiksendern die Videos in Heavy Rotation laufen, sondern in jedem McDonalds im Hintergrund "Enter Sandman" vor sich hinplätschert und jeder besoffene Proll "The Unforgiven" (überhaupt: Balladen!!!) mitgröhlen kann, mehr als en vogue Metallica, und eventuell zudem ihre unzähligen neuen Anhänger, zu verachten. Etwas, das so viele ahnungslose, in ihrem Konsumverhalten von der Industrie indoktrinierte Idioten sich zu eigen machen, kann doch einfach nicht gut sein, oder? Klar doch, man muß sowas schon aus dem Grunde ablehnen, um es sich selbst gefühlsmäßig zu ermöglichen, sich von der grauen, einfältigen Masse da draußen abheben zu können. Musikalisch läuft der Vorwurf sie hätten sich verkauft, jedoch nach meiner bescheidenen Meinung relativ ins Leere. Zwar wurden sie zugänglicher, die dünkelhafte Intention einer kommerziellen Verwertbarkeit beim Komponieren, kann ich allerdings nicht wirklich wahrnehmen. Konnte man diesen enormen Reibach mit dem Schwarzen Album denn vorausahnen, gar vorausplanen, wo doch schon das Cover es absichtlich in normalerweise hemmende, nicht eben verkaufsfördernde, unkenntlich machende Schwärze hüllt? Eher nicht. Metallica hatten damals die Tendenz dazu, richtig "groß" zu werden und dies war halt einfach die richtige Platte zur richtigen Zeit. Na ja, etwas Kalkül könnte sich unter diesen Umständen vielleicht doch beigemischt haben, wer weiß, wer weiß. Die deutliche Mehrzahl der zwölf Stücke jedenfalls ist wirklich gelungen, vor allem die beiden epischen und anrührenden Balladen "The Unforgiven" und "Nothing Else Matters" sind Weltklasse. In seiner Gesamtheit kann, wie schon beim Vorgänger, eine gewisse Langatmigkeit dennoch nicht verleugnet werden. Persönlich bin ich mittlerweile u.a. eh schon in ganz andere, aufregendere, experimentellere, freiere, weiträumigere klangliche Dimensionen vorgestoßen (Isildurs Bane, Sigur Ros, Godspeed You Black Emperror! und vieles vieles unterschiedliches anderes), zudem mußten im Laufe der eigenen inneren Entwicklung die düsteren Schattierungen von Aggression, Zorn und Leid auf meiner schwingend-emotionalen Palette helleren, lichteren Farbtönen zum Großteil weichen, die musikalische Affinität verlagerte sich merklich, weshalb ich so etwas wie das Schwarze Album (oder allgemein härtere, brutale Spielarten) eher selten höre, finde es aber nach wie vor sehr ansprechend.
Nach diesem ihnen absolut gegönnten Erfolg, nachdem sie sozusagen zum Household Name avancierten, konnten Metallica mittlerweile wirklich nahezu alles veröffentlichen, was auch immer sie wollten - es würde sich verkaufen. Dessen müssen sie sich wohl bewußt gewesen sein. Sie hielten ihren alten Stil offenbar für ausgereizt und verfolgten zukünftig die Hingezogenheit zu einer gewissen neuen Lässigkeit. Man will sich im Alter eben nicht mehr mit allzu komplizierten Griffen, durchdachten Tempiwechseln und rasanten Rhythmen abplagen und der exorbitante Erfolg läßt einen gleichgültiger, abgehobener werden gegenüber der eigenen einstigen Anspruchshaltung, wie auch den Erwartungen seiner Fans. Oder wie anders sind absolute künstlerische Rohrkrepierer wie "Load" und "Reload" zu erklären? Scheinbar erkannten sie, daß ihnen simplere Sachen, ob im Probenraum oder auf der Bühne, einfach mehr Spaß zu spielen bereiteten, da man damit seinen Energien ungezügelteren Lauf lassen kann. Wie auch immer, jedenfalls hielt irgendein obskurer, undefinierbarer, fieser Rock'n'Roll- Punk-Virus in ihre Musik einzug und bemächtigte sich dieser. Seinen Stil zu modifizieren ist durchaus berechtigt, ein Künstler darf und sollte sich selbst und damit sein Publikum auch gerne einmal überraschen können, dann allerdings bitte positiv und nicht wie diesem Falle bodenlos negativ. Wenn dabei solch ein ungeheuerlicher Mist herauskommt, bleibt einem als baldig mental geschädigter Hörer letztlich eigentlich nur noch übrig, selbstschutzmotivert abzuwinken. Denn ständig wird man mit den selben unglaublich lahmen, sperrigen, "groovenden" Rhythmen gefoltert, ständig mit nichtssagendem, teils schrägem Riffing, ständig mit Hammetts identisch mit ordentlich wahwah daherjaulenden Soli. Nicht zu fassen, diese Monotonie. Selbst wenn mal etwas Gas gegeben wird wie bei "Fuel", bleibt das Ergebnis unbefriedigend. Hörbar sind eigentlich nur die ruhigeren Stücke wie "Until It Sleeps", "Mama Said", "Bleeding Me" (von "Load", auf "Reload" konnte ich gar nur zwei gute ausmachen...), welche mit der allgegenwärtigen Antimelodik brechen. Schön, daß ich beide Alben bei unseren Büchereien entleihen konnte, denn Geld hätte ich für diese qualvolle Ödnis, die sich nicht mal nebenbei laufend ertragen läßt, sicher keines ausgegeben. Zudem bekommt man jetzt erst so richtig vor Augen geführt, wie gut "Justice" und "Metallica" an sich und in Relation dazu, tatsächlich waren und sind. Bassist Jason Newstead, der von den einstmals hoffnungsvollen und zumindest auf den ersten vier Scheiben guten Flotsam & Jetsam 1987 abgeworben wurde, um den auf der "Master Of Puppets"-Tour während eines Busunfalls tödlich verunglückten Cliff Burton zu ersetzen, empfand die Entwicklung der Band wohl ähnlich desaströs, und da er über all die Jahre - wie an den Composer-Credits abzulesen ist - zudem sowieso nur minimalen Einfluß auf deren Musik zugesprochen bekam, zog er die Konsequenzen und verließ das havarierte ehemalige HM-Flaggschiff, um seine eigene Formation zu gründen.
Überhaupt ist es ein trauriges Bild, das die einstigen Speed- & Thrash-Heroen aus den 80ern mittlerweile abgeben. Die meisten hat man inzwischen ohnehin aus den Augen verloren, aber vor kurzem hörte ich spaßeshalber mal in ein neueres Overkill-Machwerk namens "Bloodletting" hinein - also, das war unübertrieben ausschließlich monotones Geklopfe, Gewummere und Gekreische, bei dem es über kurz oder lang tatsächlich zu Blutverlust kommen muß: und zwar aus den Ohren! Dann drang mir weiterhin ein Stückchen von Slayer an selbige - "I Hate You" von einem Album namens "Undisputed Attitude". Solch einen lausigen Punkrock-Song würden The Offspring nichtmal wagen auf eine Single-B-Seite zu packen, harhar! Ebenfalls erschütternd schlecht. Ich glaube, nach "Seasons In The Abyss" ('90) haben die auch nichts Gescheites mehr zustande gebracht. Na, und mit Anthrax (war da nach dem Debut von '83 überhaupt nochmal ein so richtig gutes Album zu vermelden? Not really...), Testament (die eine zeitlang durchaus als Metallicas prominenteste Coverband durchgehen konnten, harhar!), Megadeth ("Risk" - gaaaaaanz schwach) wollen wir lieber erst gar nicht anfangen uns heute noch abzugeben...
Wenn ihr ein Werk hören möchtet, auf dem der Sound von Metallicas ersten dreien konsquent weitergedacht scheint, lohnt sich unbedingt die Suche nach "Victims Of Deception" ihrer Bay Area-Kumpels von Heathen. Ironischerweise erschien es im selben Jahr wie deren "Schwarzes", und während die einen verkaufstechnisch abgingen wie eine Jupiterrakete, schluckte die anderen, noch bevor sie so richtig vom Boden abheben konnten, der unbarmherzige Schlund des Vergessens. Zu unrecht, denn besser kann man solche Musik wirklich nicht spielen - vom fulminanten Brecher "Fear Of The Unknown", vor allem dessen rasendes zweiminütiges Finale man einfach gehört haben muß, bis zum ausladenden, sich ständig steigernden epischen Monumentalstück "Heathen's Song" wird auf den weit über 60 Minuten die gesamte Bandbreite abgedeckt. Was das kongeniale Gitarrenduo Doug Piercy und Lee Altus zusammen mit Klassesänger David White-Godfrey hier an spielerischem wie kompositorischem Feuerwerk abbrennt, ist restlos begeisternd!
Metallica hingegen haben bei mir auch den allerletzten Rest an Interesse und Kredit verspielt. Mitte 2003 wird ein neues Album der Topseller den Weg in die Geschäfte und sicher trotz allem seine Käufer finden, aber mal ehrlich: selbst wenn diese satten, gelangweilten Millionäre nichts auf einen Tonträger Preßbares mehr zustande brächten (haben sie ja eigentlich seit '91 schon nicht mehr - was sie natürlich nicht daran hinderte, das Zeug trotzdem pressen zu lassen!) empfände ich darüber ebenso viel Bedauern, wie wenn der in seinem beherrschten Bereich noch nervigere, da nicht ignorierbare F.C. Bayern München wieder einmal dankenswerterweise die deutsche Fußballmeisterschaft nicht gewönne...
Macht letztlich aber nichts aus, wie sehr Metallica auch immer in Zukunft noch versuchen sollten, ihren eigenen Legendenstatus zu beschädigen, denn mit "Ride The Lightning" und einigem anderen, haben die Jungs bereits maßgeblich lebendige Musikgeschichte mitgestaltet, haben sie ihren Namen längst in die Annalen der Unsterblichkeit eingebrannt, und werden auf immer einen Platz finden, in den Herzen ihrer Hörer.

- Heiko - 04/03

metallica - cliff burton

metallica - ride the lightning

Hm, tja, da gibt es eigentlich nichts mehr hinzu zu fügen. Eine Tape-Kopie von "Ride The Lightning" fahre ich seit über 12 Jahren im Auto spazieren (und genauso hört sie sich auch an). Bei mir muß es so um 1989 gewesen sein, als ich mir "Ride The Lightning" auf Vinyl kaufte, nachdem mir ein Arbeitskollege mit Vokuhila-Frisur, die damals unter Will-aber-darf-aus-beruflichen-Gründen-nicht-Metallern recht beliebt war, "Kill 'Em All" auf Kassette überspielt und damit den Virus übertragen hatte. Als meine Haare die Grenze zum für die Firma nicht mehr Tragbaren erreicht hatten (war ein ehrwürdiger Traditionsbetrieb, der vor ein paar Jahren in Konkurs gegangen ist), hatte ich schon gekündigt. Wenn ich aus meiner Sammlung alle Metal-Alben wegwerfen müßte, und sagen wir mal gnädigerweise 10 behalten dürfte, wäre "Ride The Lightning" sicherlich dabei, neben "Blessing In Disguise" von Metal Church, "Nothingface" von Voivod und eben "Victims Of Deception" von Heathen. Zugegeben, müßte ich alles bis auf 10 Alben, egal welcher Stilrichtung, dem Feuer übergeben, dann wäre weder "Ride..." noch eines der anderen Alben bei dieser Auswahl.
Sich als Metal-Band "Metallica" (soll eine Verbindung von "Metal" und "Alcoholica" sein) zu nennen, erscheint erstmal unglaublich einfältig und läßt eher auf eine Lokalband aus Kleinraigering schließen - aber der Name hatte Programm und wurde für mich damit früh zu der Metal-Band überhaupt, nachdem ich mich für Bands wie Motörhead oder Judas Priest nie begeistern konnte und deren Alben bestenfalls als Tape-Kopie besitze. Wen interessiert, woher die frühen Metallica (also bis etwa '89) ihre Inspiration bezogen, sollte sich bei den Bands der NWOBH umhören, insbesondere bei Diamond Head, die durch einige Coverversionen ("Am I Evil?" von der "Creeping Death"-Maxi, "Helpless" von der "$5.98 E. P.", "The Prince" von der "Harvester Of Sorrow"-Maxi) verewigt wurden. Oder nach dem Doppelalbum "New Wave Of British Heavy Metal '79 Revisited" welches 1990 von Lars Ulrich zusammengestellt wurde. Meine damalige Begeisterung gipfelte in meiner FOS-Facharbeit zu "Metallica und ihren Texten", welche mit einer 1 benotet wurde, im Gegensatz zum damit verbundenen mündlichen Referat, das aufgrund hemmungsloser Zeitüberschreitung, zu häufiger Verwendung des Wortes "praktisch" und dauerndem Aufstützen auf dem Overhead-Projektor mit 3 bewertet wurde. Meine ersten Schritte in Richtung Fanzine-Herausgeber. Anfragen sind zwecklos, das noch mit der elektrischen Schreibmaschine getippte Teil bleibt bei mir im Schrank.

Von Lovecraft kennt Heiko natürlich nur die Fantasy-Sachen, "The Call Of Ktulu" geht auf "Cthulhus Ruf", enthalten in "Cthulhu - Geistergeschichten", zurück, wobei sich ein Großteil von Lovecrafts Phantasik-Stories um diesen "Großen Alten" drehen. Mit "The Thing That Should Not Be" auf "Master Of Puppets" kamen Metallica nochmal zu Lovecraft zurück.

Spästestens nach dem "Schwarzen Album" (welches es zeitlich gerade noch in oben erwähnte Facharbeit schaffte), wurden Metallica für mich uninteressant. Die Nachfolger entlieh ich entweder in der Stadtbücherei oder bei Mitbewohnern; die Mühe, mir den Krampf in irgendeiner Weise zu kopieren, machte ich mir nicht mehr.

Jason Newsted, soll nun, wie ich kürzlich hörte, bei Voivod eingestiegen sein, bei denen er wohl nur einen Bruchteil seines Gehalts bei Metallica verdienen, aber nicht mehr nur der "new fucker" (so nach seinem Einstand von Hetfield vorgestellt) am Bass sein wird.

- Martin - 04/03