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(1981)

dream theater - when dream and day unite

 

Im Rahmen einer kleinen UFO-Werkschau, die mich von den relativ unerquicklichen aktuellen Releases mit Gniedelklampfer Vinnie Moore über die anerkannten Klassiker mit Michael Schenker und unverdientermaßen weitgehend unbeachtete Intermezzi mit Kurzzeit-Guitar Heroes wie "Atomic" Tommy Mac Clendon oder Lawrence Archer (in dieser Besetzung allerdings aus rechtlichen Gründen als "Mogg/Way" firmierend) führte, stolperte ich unlängst auch über zwei UFO-Livealben, die meine Aufmerksamkeit doch eine ziemliche Zeit lang beanspruchten: Zum einen UFO live at the BBC, welche ein Konzert aus der Paul Chapman-Ära von 1981 (oder in meinem persönlichen Sprachgebrauch: UFO Mk. III) featurete, zum anderen eine Neuauflage der 1983 aufgenommenen Headstones- Scheibe, ebenfalls Mk. III.

Handelt es sich bei ersterer noch um den Versuch, die Fans nach der glorreichen Schenker-Ära so allmählich anhand einer Mischung aus Klassikern und neuerem Material mit einer neuen Bandbesetzung zu versöhnen, so verströmt letztere doch ein völlig anderes - und dies nicht ganz zu unrecht - neu gewachsenes Selbstbewußtsein. Allerdings ist die BBC-Scheibe gerade insofern interessant als sie als Bonusmaterial vier Liveaufnahmen von 1974 beinhaltet, und zwar aus genau der Phase als UFO für kurze Zeit mit zwei Leadgitarristen fungierten, namentlich eben Michael Schenker und Paul Chapman. Ich maße mir hier auch nicht an, darüber zu spekulieren, warum diese Besetzung nur von derart kurzer Dauer war; in Anbetracht des Dargebotenen wirklich ein Jammer!

Headstones hingegen - in neuem Gewand und mit einer erweiterten Spieldauer von knapp 50 Minuten - läßt von Anfang an keine Zweifel aufkommen, daß UFO sich längst wieder berappelt hatten und dermaßen viel Vertrauen in ihre - wirklich guten! - neuen Songs hatten, so daß hier folgerichtig als einziger Klassiker auch nur Electric Phase zum Zuge kommt, und das Stück fügt sich dementsprechend gut in die Tracklist aus griffig-melodiösen Stücken - damals - neueren Datums ein. Ursprünglich war Headstones anno `83 als eher uninspirierte "Best of" Doppel-LP erschienen, bestückt mit ein paar UFO-Songs und darüber hinaus Titeln von Bands, in denen irgendwelche UFO-Mitglieder involviert waren; lediglich eine Auswahl der Livesongs zierte die 4. Seite dieser Veröffentlichung. Etwas schäbig von der Plattenfirma Chrysalis, denn immerhin war die Periode von 1980 bis 1983 UFOs mit Abstand kommerziell erfolgreichste Phase! Na, OK… dieser "Makel" wurde inzwischen ja behoben… zumindest soweit es die Live-Seite betrifft.

Die damaligen Studio-Releases der MK. III-Besetzung fristen allerdings unter UFO-Fans immer noch ein ziemliches Schattendasein; bedenkt man aber, daß UFO seit der letzten wirklich guten Scheibe mit Schenker (Walk on Water von 1997) auch mit eben diesem nichts sonderlich erwähnenswertes mehr zustande gebracht haben (die Folgealben Covenant und Sharks klangen für meine Wenigkeit wie aus dem Baukasten zusammengeschustert und hatten lediglich ein paar wirklich gute Momente zu bieten), sollte man sich vielleicht umso mehr bemüßigt fühlen, auch der Mk. III-Zeit einmal das ein oder andere Ohr zu leihen.

Beginnend mit der straight rockenden No Place to run von 1980 über das `81er Kleinod The Wild, the Willing & the Innocent und die mega-eingängige Mechanix von1982 bis hin zur etwas halbgaren Making Contact aus dem Jahre 1983, (bei welcher sich Basser Pete Way schon verabschiedet hatte; auch auf Headstones, welche die Tour zu dieser Platte dokumentiert, ist das Urgestein nicht mehr mit dabei, wird aber mehr als nur lückenfüllend von Paul Gray vertreten, welcher dann beim nächsten UFO-Startversuch zwei Jahre später - Misdemeanor betitelt - neben Sänger Phil Mogg und dem zurückgekehrten Paul Raymond ebenfalls mit von der Partie sein sollte) - selten waren UFO so griffig, eingängig und dennoch hart rockend und zudem virtuos!

Dies dürfte mit ziemlicher Sicherheit wohl auch an Ex- und Interimsgitarrero Paul Chapman liegen, dessen Stil zum einen deutlich von Schenker beeinflußt ist, zum anderen aber auch Parallelen zu Kollegen wie Gary Moore oder sogar Rory Gallagher und Konsorten aufweist. Rock, Blues, Rhythm & Blues (siehe das kongeniale Elvis-Cover Mystery Train von der No Place to run, welches gerade live ungeahnte Qualitäten offenbart) , dazu melodiös-eingängige Leads… und auch als Songwriter hatte er durchaus seine Qualitäten, was wohl am schlüssigsten auf The Wild, the Willing & the Innocent nachzuvollziehen ist (und einige Jahre später auch auf dem dritten Solowerk seines einstigen Bandmates Pete Way, WAYSTEDs Save your Prayers).

Zeigte die LP No Place to run noch eine Band am Scheideweg - immerhin waren sowohl der Verlust ihres Gitarrengottes Schenker zu kompensieren als auch die wohl auf ewig als Live-Meilenstein in die Rockhistorie eingegangene Überscheibe Strangers in the Night zu toppen - emanzipierten UFO sich spätestens nach dem Abgang von Keyboarder und Zweitgitarrist Paul Raymond (ironischerweise zu Schenkers MSG-Projekt) als neue, vor Selbstvertrauen nur so strotzende Einheit. Verstärkt durch Neil Carter als Co-Klampfer, Keyboarder, Saxophonist und Songwriter, gelang es der Band nach dem zwar ordentlichen und soliden, aber auch etwas unspektakulären 1981er Werk ein derart geniales Album wie The Wild, the Willing & the Innocent abzuliefern, daß man sich angesichts dieses "Quantensprungs" fast verwundert die Augen (oder Ohren) reiben möchte.

Chains, Chains als kräftig rockender Opener gibt schon einmal die Richtung vor: Sägende Gitarren zum Einstieg, ein knackig-groovendes Riff, dazu ein melodiöser Refrain, klasse Gitarrenarbeit… mehr als nur ordentlich!

Genau umgekehrt dagegen Long gone: Bedächtig-akustischer Beginn, heftige Bridge, gefolgt von einem Chorus zum Niederknien…

Doch was will jetzt das Orchester? Moment.. . Drums sind auch noch mit dabei? Klingt ja interessant…

Und nahtlos geht es über in den nächsten, den Titelsong, welcher eher düster und unheilverkündend beginnt, sich aber zu einem melodischen Rocker der Güteklasse A entwickelt.

Spätestens jetzt lenkt man sein Augenmerk doch einmal auf die Lyrics - und wird nicht enttäuscht! Ja.. es dämmert so allmählich… The Wild… ist ein Konzeptalbum über menschliche Abgründe, über Verzweiflung, über den partiellen Horror des modernen Stadtlebens, über Ausweglosigkeit und Illusionsverlust, aber letztendlich auch über "bursting out some day"!

It´s killing me beginnt verhalten, groovt dann aber knackig und wartet schließlich wieder mit einem Mörder-Refrain auf… melodiöse Leads… dezentes Kammerorchester…

Dann einer der absoluten Höhepunkte: Making Moves, der B-Seiten-Opener, sofern man die LP-Version besitzt. Spannendes Intro, kantig-rockig, einprägsam. Äußerst bemerkenswert: Die Gitarrenarbeit, die einem die Gänsehaut nur so auf den Rücken zaubert!

Lonely Heart kommt anfangs zurückhaltend mit Piano, ein Saxophon gesellt sich dazu, untermalt dann aber eher die ruppig loskrachende Rhythmusgitarre. Wiederum: Ein Hammer-Song mit Wahnsinns-Gitarrenarbeit und verspieltem Mittelpart mit äußerst geschmackvollem Saxophon-Solo…

Couldn´t get it right rockt ordentlich nach vorne und besticht durch seinen Aufbau sowie seinen Refrain, bei dem man fast nicht anders kann als mitzusingen.

Und Profession of Violence schließlich kommt als textlich düstere, musikalisch aber umso farbigere Ballade mit Akustikklampfe, Piano und Orchester daher. Absolut nichts für "Kuschelrock"-Sampler, dafür aber umso eindrucksvoller! Vor allem das abschließende Gitarrensolo, welches ein Motiv in den Raum zaubert, das dieses über weite Strecken so desillusionierende Album doch noch halbwegs versöhnlich enden läßt.

Zusammengefaßt: Eines der Alben für die einsame Insel, eines der Alben, das man von Anfang bis Ende - einschließlich der Breaks und Solopassagen - mitsingen könnte…
Und wie die Einfuhr der Headstones-CD gezeigt hat: Ein Album, das in der Studiovariante, vor allem aufgrund der feinen Arrangements und der bestechenden Songreihenfolge einfach am besten kommt!

Ein besseres Studioalbum haben UFO nie zustande gebracht - vorher nicht und nachher erst recht nicht!

- Klaus - 10/11