(Stand: Januar 2009)
"Post Rock". Ein schwammiger, viel- und doch nichtssagender Begriff. Dabei
so brauchbar wie jeder andere. Irgendwie müssen die verschiedenen Erscheinungsformen
der gegenständlichen Welt eben ihre verstandliche Kategorisierung erfahren,
um Einordnung und wechselseitige Verständigung zu ermöglichen.
Aufgezogen wurde diese Schublade etwa Mitte der 1990er, sicherlich erstmals
von einem Musik-Journalisten. Begrifflich sich anlehnend an die sogenannte
Post-Moderne, welche, soweit ich weiß ohne wiki hinzuzuziehen, aussagt,
daß in der kulturellen Geschichte der Menschheit ALLES irgendwann, irgendwie
schon mal da gewesen sei, alle Formen des Ausdrucks bereits erprobt und alle
Grenzen ausgelotet seien.
Was nun bliebe, wäre die mehr oder minder geschickte Variation des Altbekannten
und Vertrauten, das Wandeln auf ausgetretenen konzeptionellen Pfaden.
Bezogen auf reaktionäre Rock-Musik erfragt man Näheres am sichersten
bei den beiden Brüdern aus Manchester, dem Fachpersonal in Sachen erfolgreichen
(Selbst-) Zitierens.
Die Gewohnheiten Herausforderndes ergäbe allenfalls noch das neue Kombinieren,
Zusammenfügen, in ungewohnten Kontext stellen des bislang Dagewesenen.
So zu sagen das ironisierende oder spielerische Baukasten-Prinzip als einzigen
Ausweg aus dem Dilemma.
Oder, die letzt mögliche, konsequente Alternative: man dekonstruiert
das strukturell Vorgelebte völlig.
Als der Grunge, der für viele das letzte große Aufbäumen der
Rock-Musik versinnbildlichte, nach wenigen Jahren jugendbewegten Kollektivrausches
sich ausgezehrt und seinen Atem ausgehaucht hatte, hieß es im Feuilleton,
der Rock sei hiermit tot und zu Grabe zu tragen. Der Blick wandte sich aufkommenden
und mutmaßlich zu erneuernden Impulsen fähigen Formationen wie
Tortoise, Bark Psychosis oder Disco Inferno zu, welche sich anschickten, die
tradierten Formen zu überwinden. Was teilweise bis nahezu völliger
Auflösung in die Strukturlosigkeit führte, wie etwa bei einigen
Stücken von Tortoise.
Aus dieser Keimzelle bildete sich eine vielschichtige subkulturelle Bewegung
mit unzähligen Vertretern - und damit zwangsläufig eigenem Mainstream,
beliebten und oftmals genutzten Ausdrucksmitteln, etwa einer bestimmten Phrasierung
der Gitarren oder gängigen Mustern im Aufbau der Songs (hier zuvorderst
zu nennen der natürlich reizvolle Kontrast von Laut und Leise). So daß
man inzwischen gar von einem Klassischen Post Rock sprechen kann, aus
dessen Fundus sich viele Musiker bedienen.
Frei von selbstinspirativen, ebenso wie geschichtlichen Vorbildern ist also
auch diese Spielart logischerweise nicht. Sogar avantgardistisch angehauchte,
experimentellere, kaum einzuordnende Formationen wie Godspeed You! Black Emperor
wurden in einem Artikel unlängst mit einer ordentlichen Latte an kulturhistorischen
Referenzen bedacht.
Dennoch gehört dieses Eckchen der Subkultur derzeit zu den spannendsten,
freisten, vitalsten, intensivsten, innovativsten und kreativsten Bereichen
zeitgenössischer Musik.
Nachfolgend also der erste Teil meines persönlichen Überblicks,
aufgrund der schieren Menge an relevanten Bands in kurzer Steckbrief-Form
gehalten. Ein kleiner, subjektiver und nachlässig recherchierter Wanderführer
durch eine höchst lebendige, vielfältige Szene.
Mehr über die stilistischen Merkmale, die Ursprünge und Entwicklung
des Post Rock liest man, wie immer, am besten bei Wikipedia nach:
http://de.wikipedia.org/wiki/Postrock
Es macht wenig Sinn, die Details selbst zusammen zu tragen und auszuformulieren, wenn das jemand bereits kompetenter tat, als man es selbst je hin bekäme.
Um die Einschätzung einfach und veranschaulichend auf den Punkt zu bringen, orientiere ich mich an dem im Netz beliebten Wertungssystem von minimal einem Stern * bis maximal fünf Sternen *****, mit Tendenzen (*).
Durch Klick auf den -Button gelangt ihr zu einem Hörbeispiel.
Herkunftsland:
England
Stilistische Einordnung:
Instrumenteller Post Rock mit zuletzt punktuellen Metal-Einflüssen
Eigenständigkeit:
****
Aktuelles Album:
"Embers" (2008)
Gesamteindruck:
*****
Kommentar:
Diese junge Band sorgt seit 2005 in der Szene für ordentlich Furore.
Berechtigterweise.
Das im Sommer 2008 erschienene Zweitwerk "Embers" zeigt eine reife, handwerklich
und kompositorisch beeindruckende Leistung, geprägt von mitreißender
Dynamik und dichter Atmosphäre. In den ruhigeren Momenten klingen sie
mit schönen perlenden Gitarrenakkorden deutlich nach - bester - Explosions
In The Sky-Tradition. Gelegentlich zerreißen jedoch schneidende Heavygitarren-Riffs
& -Leads das harmonische Gewand. Diese düster-aggressiv-bedrohliche
Seite ist einer der faszinierendsten Aspekte dieser Formation. Sie macht monumentale
Stücke wie "McDoomish", "Fireflies" oder das experimentelle, strukturauflösende
"The Creeping Fear"(apokalyptische Becken-Schläge & erregende Noise-Eruptionen
vermischen sich mit schwermütig-schönen Celli) so herausragend und
anziehend.
Richtig L A U T gehört können diese Stücke übrigens böse
Geister, Krankheiten sowie bedrängende, nutzlos-repetitive Gedanken austreiben
... !
Die Band mit dem abgefahrensten aller denkbaren Namen (soll der Cheat-Code
für unendliche Leben bei einem alten Videospiel sein - eine augenzwinkernde
popkulturell-philosophische Anspielung, sehr schön), gehört zweifellos
zum engeren Kreis meiner persönlichen Favoriten.
Hier ein Video mit zwei Livesongs (im Studio; der erste ist neu und der zweite von "Embers"), dazwischen ein kurzes Interview.
Auf die Frage, wie die Band entstand, kam die Antwort "We were just friends who wanted to make noise." Aha. =) Der erste Song "Black Lodge" wirft schon mal ein kurzes Schlaglicht auf kommende Taten. Ein recht kompromißloses. Das wird unmittelbar ab dem ersten Ton, wenn dieser unglaublich verzerrte Bass einsetzt, unmißverständlich klar gemacht. Eine echte Kante. Hat was. Obwohl ich hoffe, das dies nicht richtungweisend für das gesamte kommende Album werden wird. Daß die Vielfalt und der Ideenreichtum von "Embers" zu sehr von Heavyness und Songorientiertheit beschnitten werden könnten.
Herkunftsland:
Finnland
Stilistische Einordnung:
Post Rock; Progressive Rock; Avantgarde
Eigenständigkeit:
*****
Aktuelles Album:
"Random Avenger" (2006)
Gesamteindruck:
*****
Kommentar:
Eine der originellsten und faszinierendsten Formationen, welche momentan
dort draußen aktiv sind. Das Wörtchen "Rock" muß hier allerdings
eher klein geschrieben werden, denn die elektrische Gitarre teilt sich im
Klang-Gewand die Präsenz mit Violine und Synthesizern. Ein ebenso starker
kompositorischer Einfluß dürfte aus der Klassik kommen. "Intercontinental
Hustle" ist ein Beispiel für die vertrackte, anspruchsvolle Rhythmik
für welche Magyar Posse vor allem auf dem letzten Werk "Random Avenger"
eine Vorliebe entwickelten (das Crescendo gegen Ende killt); das entgegen
gesetzte Ende des Spektrums bezeichnen zurück genommene, ambientartige,
Raum greifende Sounds.
Sensibel, herausfordernd, hochentwickelt, vielfältig.
Alle Kenner und Nerds müssen diese Band einfach, besser früher
als später, in den persönlichen kulturellen Erfahrungshorizont eintreten
lassen.
Musik von atemberaubender Genialität.
Herkunftsland:
USA
Stilistische Einordnung:
Post Rock; Jazz; Elektronica; Experimental; Dub; Minimalism; Improvisation
Eigenständigkeit:
*****
Aktuelles Album:
"It's All Around You" (2004)
Gesamteindruck:
**(*)
Kommentar:
Die Pioniere der stilistischen Grenzüberschreitung im kontemporären
Rock bedürfen im ersten Teil dieses Überblicks selbstverständlich
einer Erwähnung. Ich persönlich kann allerdings - zumindest bislang
- weniger mit ihnen anfangen. Einerseits bewundere und schätze ich den
Mut zur Improvisation und Klängen, die sich allzu geläufigen harmonischen
Mustern konsequent entziehen, vieles plätschert dann jedoch etwas zu
höhepunkt- und ziellos vor sich hin. Ist aber zumindest immer noch wesentlich
durch-arrangierter als Porcupine Tree dies auf ihrer hemmungslos öden
und eigenschaftslosen Proberaum-Jam "Metanoia" glaubten dokumentieren zu müssen.
Am besten kommen Tortoise, wenn eine zurück gelehnte Gitarre und ätherische
Vibraphon-Tupfer sich über einem jazzigen Rhythmus-Gerüst in lose
verbundene, eingängige Themen versteigen.
(okay, jetzt wird es langsam evident: ich bin verfangen in meinen Hörgewohnheiten;
bin süchtig nach frequenten spannungsgeladenen, dramatischen Steigerungen
und "schönen Melodien". So, jetzt ist es raus...)
Man muß Tortoise nicht unbedingt mögen, aber respektieren.
Herkunftsland:
Kanada
Stilistische Einordnung:
Post Rock; Experimental
Eigenständigkeit:
****
Aktuelles Album:
13 Blues for Thirteen Moons (2008)
Gesamteindruck:
*(*)
Kommentar:
Ich will GY!BE zurück.
Begonnen hat diese Formation als Ableger und interessantes Neben-Projekt
des kanadischen Musiker-Kollektivs Godspeed You! Black Emperor. Anfang des
Jahrtausends gab man grundsätzlich allem aus dieser Ecke ein herzliches
Willkommen, so auch Silver Mt. Zion als einer schlankeren, kompositorisch
reduzierten Version des Mutterschiffes.
Leider jedoch glaubte Efrim Menuck, es sei eine gute Idee, sich mehr und mehr
als Front-Mann der Gruppe profilieren zu müssen. Das Problematische hierbei:
er ist nicht einmal ansatzweise gesanglich dazu befähigt! Seine gebrechliche,
unablässig wehklagende, in empathischen Passagen krähende Stimme
ist eine schwere Hypothek für das Ensemble. Ich persönlich kann
sie nicht mehr ertragen. Mittlerweile ist der gute Efrim zu einem penetranten
"Wailing Fungus" mutiert ...
Darüber hinaus schlingert man seit der unsäglichen "Little Lightning
Paw" mehr oder weniger hart an der Grenzlinie zur künstlerischen Insolvenz
umher. Das Mini-Album war einfach nur schlecht, die beiden nachfolgenden Werke
relativ belanglos.
Das eigentlich Fatale war, daß wir uns schließlich von Godspeed
zugunsten Silver Mt. Zions verabschieden mußten.
Da ich Hrsta, Set Fire To Flames oder Fly Pan Am ebenfalls kaum etwas Positives
abgewinnen kann, ist mein Interesse an weiteren kreativen Auswürfen des
Montrealer Umfeldes erst einmal am Gefrierpunkt angelangt...
"Sow Some Lonesome Corner, So Many Flowers Bloom" (Titel des Jahres!) zeigt
exemplarisch, mit seinen kanonhaften, rhythmisch-hypnotischen Chor-Sätzen,
daß Gesang bei Silver Mt. Zion nicht zwangsläufig Nerv tötend
sein muß. Selbst Efrim fand ich da, auf "This Is Our Punk Rock" (2003),
eigentlich noch sehr okay.
Seine ersten vereinzelten Vokal-Auftritte auf "He Has Left Us Alone But Shafts
of Light Sometimes Grace the Corners of Our Rooms" (2000) & "Born Into
Trouble As The Sparks Fly Upward" (2001) waren bereits ambivalent. Während
er "Take These Hands And Throw Them In The River" Effekt verstärkt einfach
nur killt, sorgte bei "Movie (Never Made)" oder "The Triumph Of Our Tired
Eyes" diese verlorene, leidende, fragile, fast gebrochen wirkende Stimme gar
für wohlige Schauer und tief empfundenes Mitgefühl. Auch das gibt
es.
Die mittlerweile immens kontrovers diskutierte Position Efrims am Mikrophon
wird wunderbar anschaulich in einem Dialog aus dem Forum von "The Silent
Ballet", weshalb ich selbigen gerne zitieren möchte:
"Efrim is so god damned grating and annoying to listen to."
"I can agree with you in that sentiment on 13 blues, but in the ASMZ's previous efforts there are certainly cases in which the bad quality of his vocals do actually help the songs meaning along especially "mountains made of steam", "movie(never made)".. I think in these cases the tracks are actually helped by the poor quality of his singing..."
"I agree, the hesitant and nasal nature of his voice work wonders on songs like "Movie (Never Made)," but that was when he was working with a super-minimal aesthetic - the spareness of the music complements the blatantly amateurish vocals beautifully. But with the more orchestral and longer compositions of 13 Blues, it becomes almost painful."
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzu zu fügen...
Außer:
Ich will Godspeed You! Black Emperor zurück !!
Herkunftsland:
USA
Stilistische Einordnung:
Post Rock; Ambient
Eigenständigkeit:
**
Aktuelles Album:
"This Will Destroy You" (2008)
Gesamteindruck:
***
Kommentar:
This Will Destroy You gehören neben Beware of Safety, I Hear Sirens,
Yndi Halda, If These Trees Could Talk (neues Album wurde soeben am Horizont
gesichtet! Zwei Stücke sind bereits auf ihrer My-Space-Seite
spielbar), Caspian oder Pg.Lost zu den aufstrebenden jungen Talenten, welche
es in den letzten Jahren schafften, bereits mit ihrem ersten Mini-Album zu
reüssieren und einen nachhaltigen Eindruck in der Szene zu hinterlassen.
Leider jedoch vermochten sie die nach dem formidablen "Young Mountain" auf
ihnen ruhenden Erwartungen mit dem selbst betitelten ersten Longplayer kaum
einzulösen. Sie scheinen ihr Potential immer dann am besten ausschöpfen
zu können, wenn sie sich auf klassischen Post Rock einlassen, wie beispielsweise
"Threads" indiziert, eines der wenigen echten Highlights des Albums. Leider
steuert man ansonsten verstärkt in Richtung Ambient, was in tendenziell
amorphe Gebilde wie "They Move on Tracks of Never-Ending Light", "Leather
Wings" oder "Villa Del Refugio" mündet. Das Werk hinterläßt
in dieser Form einen allgemein uninspirierten, gleichförmigen Eindruck.
Es wirkt weder mitreißend noch trippig. Sehr schade.
Sie scheinen sich auf der Suche nach Originalität der eigenen Stärken
zu berauben.
Anfang 2009 erschien eine Split-EP zusammen mit Lymbyc Systym, und This Will
Destroy You geben mit zwei neuen Stücken ein weiteres Zeugnis ihres Könnens
ab. Das überlange "Brutalism and the Worship of the Machine" dreht gemäß
des imperativen Titels die Aggressionen auf, und zieht einige gehörig
dissonante, mächtige Gitarrenwände hoch. Auch hier bleibt leider
vieles zu undifferenziert. Das beinahe beängstigende Gespür für
archetypisch anmutende Harmonien des Debüts wird abermals vermißt.
Nicht so bei "Freedom Blade", einem schönen balladesken, streicherverzierten
Titel. Ein Lichtblick.
Das nächste Album wird aufzeigen, ob das Vermögen der Band ausreicht,
um mehr zu sein, als nur eine unter vielen anderen.
Zu wünschen wäre es den sympathischen Jungs allemal.
Herkunftsland:
Kanada
Stilistische Einordnung:
Post Rock; Avantgarde
Eigenständigkeit:
*****
Letztes Album:
"Yanqui U.X.O." (2002)
Gesamteindruck:
*****
Kommentar:
Experimentelle Schrankenlosigkeit und zugängliche Harmonie; zurückgenommene,
introvertierte Kammermusik und orchestral aufbrandende Wucht; zerbrechliche
Zartheit und zum Himmel schreiende Dissonanz; feinfühlige Sensibilität
und zügellose Ekstase; schwer wiegende Melancholie und befreiende Katharsis;
abgrundtiefe Düsternis und dichteauflösende Durchlichtung ...
Herkunftsland:
USA
Stilistische Einordnung:
Ambient-Jazz; Math-Rock
Eigenständigkeit:
*****
Aktuelles Album:
"A Data Learn The Language" (2002)
Gesamteindruck:
***
Kommentar:
Aufgeregtheit macht sich in den Foren breit, freudiges Gewisper und Gemurmel,
denn diese, von einigen Insidern als legendär und Richtung weisend angesehene
Formation schickt sich an, im Frühjahr 2009, nach lässigen sechs
Jahren Funkstille, ein neues Werk zu veröffentlichen.
Ich muß gestehen, die Vorfreude nur bedingt teilen zu können. Bislang
erschloß sich mir die ihnen zugeschriebene Genialität (das letzte
Album wurde 2002 zur # 1 in den The Silent Ballet Jahrespolls gekührt)
nicht wirklich. Was unter anderem dem Umstand geschuldet sein könnte,
daß ich nur das selbst betitelte Debut von 1999 näher kenne, das
wie eine von wenigen strukturellen Vorgaben zusammen gehaltene Jam-Session
wirkt. Diesem beinahe gelangweilt scheinenden Minimalismus konnte ich wenig
abgewinnen. Musik, bei deren Abspielen ich das Gefühl habe, mit nur wenig
Übung recht spontan selbst mit einsteigen zu können, ist mir verdächtig.
Anschließend kam mit Whit Travisano ein weiteres Mitglied hinzu, welcher
mit seinen Instrumenten Vibraphon und E-Piano den Gesamtsound zweifelsohne
bereicherte und neue kompositorische Ansätze einbrachte. Seitdem klingt
die Band um einiges interessanter, wie etwa auf der letzten VÖ "Confines
of Heat" (2003 - split release mit Maserati) nach zu hören ist.
Mal abwarten, was für eine Entwicklung The Mercury Program nach all der
Zeit genommen haben. Werde jedenfalls meine Ohren offen halten.
Nachtrag: Inzwischen konnte ich "A Data Learn The Language" hören
und kann die Begeisterung verstehen, wenn mir der endgültige Zugang dennoch
verwehrt bleibt. Repetitive, zumeist federleichte Muster, sich subtil verändernd,
virtuos in sich verschachtelte Instrumente. Loungig aber nur wenig catchy.
Entweder läuft das Album total an einem vorbei, oder aber es absorbiert
den konzentriert und offenen Hörenden völlig.
Könnte am besten kommen in der Phase zwischen Wachen und Schlafen, zwischen
Traum und Wirklichkeit.
Herkunftsland:
Großbritannien
Stilistische Einordnung:
Post-Rock, Experimental, Math-Rock, Elektronica
Eigenständigkeit:
*****
Aktuelles Album:
"The Destruction of Small Ideas" (2007)
Gesamteindruck:
*****
Kommentar:
"This negative energy just makes me stronger. We will not retreat. This
band is UNSTOPPABLE!"
"65daysofstatic (auch 65dos) ist eine instrumentale Math-Rock- und Post-Rock-Band
aus Sheffield, Großbritannien. Die Band verbindet harte, progressive,
gitarrenlastige Instrumentalmusik mit einem gesampleten Off-Beat-Schlagzeug
im Stil von Aphex Twin."
(Wikipedia)
Wenn ihr die Dekonstruktion der Rock-Musik erleben wollt - hier geschieht sie in Serie.
RHYTHMUS spielt im Sound dieser Band eine entscheidende Rolle. Nicht so exzessiv
und radikal aufs pulsende Klang-Gerüst wie bei den New Yorker Kollegen
von Holy Fuck reduziert, ist die Rhythmik dennoch einer der dominierenden
Faktoren, um den sich zumeist alles weitere gruppiert. Spannende, faszinierende
Kontraste ergeben sich, wenn die fließenden, melodischen Strömungen
mit zügellosen Stakkato-Wellenbrechern auf einander prallen. Im gelegentlich
eingesetzten E-Piano verschmelzen diese beiden Elemente.
Mir erging es bei den ersten Begegnungen wie wohl den meisten: die paar Nummern
die ich auf last.fm aufschnappte, hatten eine eher abweisende Wirkung, obwohl
der spezielle, eigentümliche Reiz von 65daysofstatic unmittelbar spürbar
wird. Als ich schließlich The Silent Ballet für mich entdeckte,
und "The Fall Of Math" dort in den redaktionellen Charts des Jahres 2004 die
Pole belegte, konnte ich meine Ignoranz nicht länger aufrecht erhalten.
Glücklicherweise, denn 65dos' Verbindung von Post Rock und Elektronik
ist schlicht genial, herausfordernd, aufrüttelnd, Stil prägend.
Erwähntes Album wird von Fans der ersten Stunde gerne als der definitive
Klassiker von 65daysofstatic gepriesen, die beiden Nachfolger "One Time For
All Time" und "The Destruction of Small Ideas" bieten allerdings ein vergleichbares
qualitatives Niveau. Den Effekt der Frische, Neuheit, überrumpelten Verblüffung,
kann eben nur das Erst-Erlebnis bieten. Und die den Charakter definierenden
Elemente wurden bereits sämtlich auf "The Fall Of Math" etabliert.
Als Hörbeispiel wählte ich meinen derzeitigen Lieblingstrack der
Gruppe aus, welcher eher die zugängliche, einen nahezu hymnischen Ansatz
pflegende Seite von 65dos zelebriert. Man achte dabei jedoch auf diese herrlich
kontrapunktierende Schrägheit im Gitarren-Chorus.
Um das volle Spektrum abzudecken, lasse ich das Titel-Stück des Debüts
folgen, in welchem in vereinzelten Atempausen ein schwülstige Orchestration
zögerlich andeutender Synthesizer seine gepuderte Nase hervor streckt,
nur, um umgehend von einem Rudel wild gewordener Percussions dahin gemeuchelt
zu werden. Die kontrollierte Anarchie und hegemoniale Annexion der gesamten
Szenerie durch unterschiedlichstes Schlagwerk geschieht hier dammbruchartig.
Was für Wagemutige, diejenigen unter uns, die glauben, alles schon einmal
gehört zu haben.
Hmm ... einen hab' ich noch ...
Das für alle, die noch nie einen mehr-minütigen Orgasmus erlebt haben.
So, dies war er also, der erste Teil meines Streifzugs. Kennern, die sicher
viele essentielle Formationen vermissen werden sei gesagt, daß diese
dann eventuell in den Fortsetzungen auftauchen. Mogwai beispielsweise, zu
deren aktuellem, recht umstrittenen Output ich noch immer nicht zu einer abschließenden
Einschätzung gekommen bin (ist das, was man im Englischen einen "grower"
nennt). Die Auswahl geschieht auch nicht wirklich geplant, sondern aus spontanen
Gedanken und Einfällen heraus, abhängig davon, welche Gruppen im
Augenblick durch meinen musikalischen Kosmos driften.
Beabsichtigt war indes, jeweils mindestens ein Dutzend zusammen zu bekommen,
allerdings wurden die Kommentare üppiger als angedacht, weshalb ich es
erst einmal dabei belassen möchte. Mal schauen, ob ich mich zukünftig
rhetorisch prägnanter zu halten vermag.
Noch einige knuffige Links:
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_post-rock_bands#A-C
Spricht für sich selbst. Auch hier: kein Anspruch auf Vollständigkeit...
http://www.fabchannel.com/de
So etwas habe ich mir schon länger gewünscht. Ganze Konzerte online
streamen, in guter Qualität. Ein echter Fund. Unter dem Tag "Rock" findet
der geneigte Betrachter auch Einträge zu dem Themenkreis, um den es uns
hier geht: Do Make Say Think, Red Sparowes,Explosions In The Sky, Mono (läuft
leider nicht...), We Vs. Death ... allgemein wünsche ich euch viel Spaß
beim Stöbern & Schauen!
http://www.lastfm.de/listen/globaltags/post%20rock
last.fm ist ein unentbehrliches MUSS für jeden Musik-Freund. Dort macht
man unzählige Entdeckungen und kann zugleich das Programm nach ganz persönlichen
Parametern selbst zusammen stellen.
Horizont erweiternd.
Darüber hinaus ist die Seite eine wunderbare Kontakt-Börse; man
erlebt sich als globale Interessengemeinschaft und kann Gleichgesinnte kennen
lernen.
Die eigene Profilseite bedient desweiteren die Bedürfnisse der Anhänger
von Statistiken... ;-)
Wenn online, ist das Einloggen bei last.fm meine erste Handlung.
http://thesilentballet.com
Im Laufe des Textes bereits mehrfach erwähnt. Großartig, unbedingt
lesenswert. Nebenbei eine gute Fortbildung in englischer Sprache. Die angehängten
Foren sind übrigens fast noch unterhaltsamer als das eigentliche Magazin...
Alles Gute & bis zum nächsten Mal!
- Heiko - 01/2009
Da ich's aus diversen Gründen einfach nicht verpackt bekomme, den mit
so viel Verve gestarteten PR-Überblick fortzuführen, schließe
ich das Projekt hiermit auf lahmstmögliche Art und Weise ab ...
Die Planung für etwas Nachfolgendes, dieses mal Genreüberschreitendes,
formal im Telegramm-Stil Gehaltenes, steht allerdings bereits. =)
Surf-Tipp: Die kommende Jahresbestenliste der Redaktion von The Silent Ballet,
der Heimstatt aller an den verschiedenen Ausformungen instrumenteller Musik
Interessierter, sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Suspense garantiert!
"How far can guitar-driven post-rock go?"
Diese Frage wurde im Forum von TSB verhandelt und ergab eine faszinierende, klug geführte Diskussion:
http://thesilentballet.com/forum/viewtopic.php?f=8&t=1469
Daraus möchte ich eine ausführlichere Passage von Tom, einem der Redakteure, zitieren, welche einige elementare Punkte anschneidet und zugleich die Faszination vieler Hörer für diese musikalische Spielart zusammenfaßt...
"At the same time, Zach is right when he says that a lot of the reason for this is simply that PR came to the genre because they felt that all of the other music out there was far too conventional. PR is exciting because it throws so many of those conventions away, and opens up many more avenues of expression. When a band ignores this heritage and decides to create something that is entirely paint-by-numbers, it's just frustrating.
As for me, I love GDPR. Something in the crescendo/decrescendo dynamic seems to be firmly placed in my heart. I also have a soft spot for really long songs, and for watching the distinct evolution of a single musical concept in a song. This is nothing original. People have been working on that one for over 4000 years now. IMO, Beethoven managed to perfect it with his 9th Symphony. But I also have a soft spot for walls of distortion, and really high-pitched lead guitar lines. So, I like GDPR because it combines both of those elements into one (hopefully) awesome whole.
As for the future of the genre: I think that it will continue to evolve as most genres do: there will be a bunch of really cool records that probably won't be so memorable, but that will provide quality listening experiences, and then, every once in a while, there will be one band that blows the whole thing open and does actually take the genre to a new level. In the end, those will be the records that we will remember forever."
- Heiko - 11/2009