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AMIR BAGHIRI- Autumn (1998, Arya)

Der Herbst ist sicherlich eine der faszinierendsten Jahreszeiten. Wenn die gesamte Natur in einen tiefgreifenden Wandel übergeht und mit einem sinnenbezaubernden Rausch der Blätterfarben und Wolkenformen, im Zusammenspiel mit Wind und Sonne, festlich den mit dem Werden begründeten Zyklus des Lebens schließlich mit dem Vergehen vollendet. Wie schnell ist alles dahingeblüht, den Wesen wird auf Erden keine Dauer beschieden, alles ist Wandlung. Schönheit mischt sich mit Melancholie, Freude sich mit Sehnsucht.

In diese Stimmungen taucht der in Deutschland lebende iranische Komponist Amir Baghiri mit seinem Album "Autumn" ein. Die Linie beginnt mit der "Last Heat" des späten Sommers, windet sich durch verschiedene Bildnisse des Herbstes und schließt mit den ersten klaren frostigen Nächten, wenn es bereits "Almost Winter" ist, den Kreis. In den neun weit ausladenden Stücken kreiert Baghiri hypnotisch wirkende Soundscapes, irgendwo in der neutralen Zone zwischen New Age und Weltmusik dahindriftend, jedoch in keiner Richtung tatsächlich einen festen Hafen ansteuernd. Grundlage bilden feinste Synthesizergespinste, mal als dichte Wolkendecke sich auftürmend, mal unheimlich-düster wie bei "Playing Wind", bei dem man fast meinen könnte, die fliegende Untertasse voller Geheimnisse schwebe über dem eignen Haupte, oder auch ätherisch und die Weite der Stille durchscheinen lassend wie bei "Autumn Sky" und "Almost Winter". Dazu gesellen sich partiell unterschiedlichste dezente Percussions, Didgeridoos, sogar mal 'ne zirpende Maultrommel und beim etwas aus dem Rahmen fallenden dunklen, leicht schrägen Requiem "Dying Leaves" Chelli und Violinen.

Der Reise durch Baghiris herbstliche Landschaft dürften allerdings größtenteils nur die öfters mal ins Grundlose abtauchenden und experimentelleren wie ethnischen tonalen Phänomenen nicht abgeneigten Klangraum-Kosmonauten antreten, da offensichtliche und spontan nachvollziehbare Melodien sich hier so gut wie überhaupt nicht hervorschälen. Bei den leider zu reizlosen, monotonen Stücken "Rolling Thunders" und "Dancing Fog" etwa, vermag dann selbst ich eine gewisse aufkommende Langatmigkeit nicht zu verleugnen. In diesem Fällen zöge ich es doch lieber vor, selbst in den tatsächlichen tosenden Herbststürmen oder die Welt geisterhaft verklärenden Herbstnebeln spazieren zu gehen. Nichtsdesto sind Baghiris pulsierende, hypnotische, schwebende Sounds mehr als respektabel und einen mitfließenden mentalen Nachvollzug zweifellos wert.

- Heiko - 03/03