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ELECTRIC WIZARD - Witchcult Today (Rise Above Records, 2007)

Zurück zu den Quellen, zurück zum Doom der frühen Jahre und den Euro-Horrorfilmen der 1970er: Nach einem radikalen Besetzungswechsel hat Gitarrist/Sänger Justin Oborn bei ELECTRIC WIZARD mittlerweile eine vollkommen andere Besetzung um sich versammelt, als jene, die etwa noch auf dem mit Verzerrer-Orgien zugedröhnten Album "Dopethrone" zu hören war.

Der Sound auf "Witchcult Today" klingt merklich sauberer, der Rückgriff auf die Siebziger und die Blütezeit früher Black Sabbath hat sich abseits der Musik an sich (wo er ja ohnehin schon immer ein sehr wichtiger Einfluß war) auch klangtechnisch niedergeschlagen. Da heißt allerdings nicht, daß die Band an hartem Sound eingebüßt hätte, denn auch "Witchcult Today" setzt wieder einmal auf wuchtig produzierten, klassischen Doom mit satten, schweren Riffs.

Den Anfang macht der Titeltrack, fast acht Minuten lang und ein solider Einstieg, wenn auch kein über die volle Distanz überragendes Stück. Mit "Dunwich" wird ein etwas flotteres Tempo angeschlagen, zu etwa 75 Prozent ein echtes Highlight des Albums. Leider macht sich zum Schluß hin eine etwas unschöne Tendenz bemerkbar: Anstatt noch einmal mit neuen Riffs zu kontern, plätschert der Rest des Songs eher ereignisarm dahin, wiederholt Bekanntes und scheint lieber auf Nummer Sicher zu gehen.

"Satanic Rites of Drugula" überspielt dieses unnötige Schwächeln in der B-Note mit schleppendem Doom in bestechender Form. Kurz Luft holen während des nicht weiter auffallenden Zwischenspiels "Raptus", bevor der nächste Achtminüter "The Chosen Few" eingeläutet wird. Dessen Herzstück ist eine ausgedehnte Passage mit simplen, aber effektiven Gitarrensoli, jeweils abgelöst von exzellenten, grandios eingesetzten Riffs (nachzuhören bei 3:13 & 4:15) – damit kann man sich bei angemessen lautem und gut ausbalanciertem Sound so richtig schön gepflegt an die Wand bügeln lassen.

Exzessiv und mit hörbarem Spaß am In-die-Länge-Ziehen geht der Sound-Teppich langsam in eine düstere Orgelpassage über, was den Song angenehm auflockert, schließlich darf Doom ja auch etwas Abwechslung bieten. Was bietet der Rest? Da wäre "Torquemada `71", wie der Titeltrack solider Doom von der Stange – nicht überwältigend, aber nett. Das zweigeteilte "Black Magic Rituals & Perversions" beginnt mit einer Coverversion der französischen Band Acanthus, die anno dazumal die Musik zum Jean-Rollin-Film "Le Frisson des Vampires" geschrieben hatte. Eine sehr gelungene Neubearbeitung dieses Scores, während die restliche, über sechs Minuten lange Geräuschkulisse mit (vermutlich) Beschwörungsformeln langatmig ausfällt, das hätte sich auch etwas kompakter umsetzen lassen.

Das elf Minuten lange, sich zum Ende hin steigernde "Saturnine" bietet Standardprogramm, was als Rausschmeißer etwas halbgar ist. Da hätten Electric Wizard ruhig noch einmal einen Kracher vom Kaliber "Satanic Rites of Drugula" oder "The Chosen Few" auffahren können. Das rundum perfekte Doom-Album ist also auch "Witchcult Today" nicht geworden, doch die Höhepunkte des Albums (und davon gibt’s doch einige) sind erstklassig.

- Stefan - 08/08