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NEW MODEL ARMY - The Love of Hopeless Causes (1993) - revisited 


Himmel.

Ist "The Love Of Hopeless Causes" das gottverdammt beste Album, das jemals geschrieben wurde?

Vielleicht.

Vielleicht auch nicht.

Wer würde eine solch absolute Aussage auch ernsthaft vertreten wollen.

Es gibt jedenfalls keines, das mir jemals mehr bedeuten könnte.

Trinke gerade nach einem langen Tag ein Bier und bin emotional so roh und empfindlich wie ein rohes Ei mit dem eine ins Spiel vertiefte Katze auf dem Küchentisch herumtätzelt.

Musikalisch vorzüglich vertont und von ursprünglicher Direktheit angetrieben, sind es vor allem die unglaublich poetischen Texte und Justins Vortrag, der mich abermals bis auf den innersten Kern durchschüttelt.

Das gilt für mindestens sieben der zehn Songs. Lieben tue ich aber natürlich das ganze beschissen schöne Ding.
Selbst wenn einen ein Stück mal nicht so pfeilgerade todbringend ins eigene Herz trifft wie etwa "My People", könnte man sich diese Hymne immer noch als agitierende revolutionäre Kraft imaginieren, die Millionen von Menschen motiviert, auf die Straße zu gehen und gegen Ungerechtigkeiten zu streiten und für eine bessere, lebenswertere Welt für alle zu kämpfen.

Fast jeder Satz von etwa "White Light", "Afternoon Song", "Fate", "Believe It", "Bad Old World" könnte sich auch irgendwo in einem dunklen, tief-stillen Eck meines Selbstes gebildet und materialisiert haben.

"Here Comes The War", traurig aktuell wie eh und je, läßt einen die unerträglichsten Zustände der Menschheit, dessen, wie sie desöfteren mit sich selbst und ihrer Umwelt umgeht, heraus- und dagegen anschreien. Die Frustration darüber formulieren, was da weltweit alles in die falsche Richtung läuft. Was an Abgründen, Ignoranz, Egoismus und einfach blanker Dummheit in uns existiert und sich ernüchternd häufig würdelos unzivilisiert und zerstörerisch Bahn bricht.
Ein in sich stimmiges Kunstwerk.

Spiralfarbene ins Unendliche weisende Cover-Art von Joolz, kryptisch anmutend und wissend lächelnder Titel inklusive.


Ich singe gerade laut und erbärmlich schräg alles mit.
So gut ich es halt vermag.

(Bin gerade auf das tolle Linux Ubuntu Betriebssystem umgestiegen und dort gibt es eine Software namens "Strawberry" - in augenzwinkernder Anlehnung an "Apple", you know -, der wohl beste Musikplayer den ich je hatte. Dort werden alle Lyriken angezeigt. Super hilfreich für die ein wenig eingerostete Textsicherheit.)

Ganz wie in alten Zeiten. Ganz wie so oft, damals, in den heutzutage geradezu archaisch anmutenden Neunzigern.

Ganz wie in meiner jüngeren Phase, ist die kathartische Wirkung immens. Von der Stärke eines reinigenden Unwetters, maßlos alten, verkrusteten Gefühlsstaub hinweg blasend.

Ich weiß nicht, ob ich überhaupt so weit zurückzudenken vermag, wann ich zuletzt so ergriffen war wie gerade eben bei "Living In The Rose".

Jede Zeile eine Offenbarung, jeder Ton ein Gedicht, das Gitarrensolo nach dem gesprochenen Vers wie eine liebesversunkene Enthauptung.

Durchgeschüttelt wie ein alter klappriger Hyperionischer Frachter beim multidimensionalen Raum-Zeitsprung.
Selten konnte ich so hemmungslos und erleichternd weinen.

Geborgen in nihilistisch angehauchter Lyrik, in überpersönlicher Natursophie, in liebevollem, hingegebenen Verschmelzen mit der allumfassenden Einheit des Seins.

Danke dir Justin.

Danke für alles, Jungs.

Wir sehen uns.

- Heiko - 12/2019