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THE OBSESSED - Sacred (2017)

Der Vorgänger "The Church Within" (1994) war bis dato das letzte Lebenszeichen von THE OBSESSED, ihr bestes Album noch dazu, und wurde zum (heimlichen) Doom-Metal-Klassiker. Mastermind Wino war in der Zwischenzeit nicht untätig und spielte in Bands wie SAINT VITUS, SPIRIT CARAVAN, THE HIDDEN HAND, PLACE OF SKULLS oder PREMONITION 13. Die Rückkehr zur früheren Wirkungsstätte war dennoch etwas Besonderes, wobei es nach Winos Abschied bei SAINT VITUS auch bei THE OBSESSED einige personelle Turbulenzen gab: Die zwischenzeitlich vorhandene Position einer zweiten Gitarre ist bereits wieder Geschichte und auch der Bassist (auf "Sacred" noch zu hören) musste neu besetzt werden.

Und was ist mit der Musik? Die ist schon recht nahe an dem orientiert, was "The Church Within" vor 23 Jahren hinterlassen hatte. Das stimmt einerseits beruhigend, die Gefahr orientierungslosen Experimentierens bleibt außen vor. Andererseits wäre aber auch das ewig Gleiche auf Dauer nicht immer abendfüllend. "Sacred" wirkt wie sein Vorgänger zu Anfang etwas sperrig, was aber gar kein schlechtes Zeichen ist, denn umgekehrt wäre es schon eher ein Problem: schnell ins Ohr gehend, dann aber zügig wieder vergessen.

Positiv fällt der wuchtige, organische Sound auf, der den nötigen Druck für den typischen OBSESSED-Sound transportiert. Die Band steht auch 2017 nicht für Slow-Motion-Musik, sondern für erdigen riffbetonten Doom, an den sowohl Metal-Freunde andocken können wie auch der klassische Motörheadrocker. Nicht ganz so gelungen wirkt mittendrin das eher blasse THIN LIZZY-Cover "It's Only Money", aber diesen zwiespältigen Eindruck macht das nachfolgende Instrumental "Cold Blood" schnell wieder vergessen - gefolgt vom gelungenen "Stranger Things" und dem bereits vor Album-VÖ bekannten "Razor Wire".

Spätestens hier ist der Motor dann richtig warmgelaufen, auch wenn ich "TCW" insgesamt doch eine Stufe höher ansiedeln würde. Aber das muss wohl so sein bei einem Album, das einen durch die 1990er und 2000er Jahre begleitet hat - da kann sich eine neue Scheibe noch so sehr bemühen. Wie früher gibt's auch auf "Sacred" den flotten Rocker, hier in Gestalt von "Be The Night", der den Hörer auch schon zum Ausgang begleitet, denn in der Standardversion des Albums ist nach einem kurzen Outro jetzt Feierabend angesagt.

Etwas Verwirrung stiften die verschiedenen Versionen, die labelseitig von "Sacred" unter das kaufwillige Volk gebracht werden. Wobei es durchaus sauer aufstößt, dass zwei Bonustracks dem limitierten Vinyl vorbehalten sind, der Käufer der CD und auch der regulären LP also leer ausgeht. Vermutlich soll damit die "Vinyl ist mein Viagra"-Hardcore-Fraktion geködert werden, aber zu Konfettiparaden animiert das nicht, wenn einem eigentlich auch die CD genügen würde und dann so ein derart unnötiger Zinnober veranstaltet wird.

Aber zumindest online gibt's Ausweichmöglichkeiten: Das Label Relapse hat auf YouTube einen Stream der "Sacred"-Langfassung bereitgestellt, Link siehe unten. Hier sind dann auch die beiden Bonustracks zu hören (ein neunminütiges Doom-Stück mit psychedelischen Einflüssen und ein MOUNTAIN-Cover). Logischerweise wären die beiden Songs sowieso schnell im Netz aufgekreuzt, also gibt es sie eben auch gleich offiziell. Relapse sind in dieser Hinsicht offenbar eher gelassen unterwegs (siehe auch die anderen Streams kompletter Alben von DEATH, OBITUARY, TAU CROSS etc.) und kämpfen nicht sinnlos gegen Windmühlen.

- Stefan- 09/2017