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"Es hat sich ausgeschwebt mit Schweben": Ein Nachruf auf Gert "Kralle" Krawinkel († 16.02.2014)

Gerade erst Ende letzten Jahres gab es wieder ein Lebenszeichen aus dem Lager der ehemaligen TRIO-Mitglieder, als Drummer Peter Behrens seine Autobiographie "Der Clown mit der Trommel" veröffentlichte. Auch wenn das Anfang der 2000er Jahre unternommene TRIO-Comeback an den zu unterschiedlichen musikalischen Vorstellungen der Beteiligten scheiterte, gab es da immer noch diesen (wenn auch unrealistischen) Traum, die drei älteren Herren möchten sich vielleicht zu einigen Konzerten oder irgendeinem anderen gemeinsamen Projekt zusammenfinden, aber mit dem Tod von Gert "Kralle" Krawinkel sind TRIO unwiderruflich Geschichte. Aber nicht vergessen, denn mittlerweile erfährt die Band posthum mehr Akzeptanz, als es zu Lebzeiten oder in den ersten Jahren nach dem sang- und klanglosen Ende in der Zeit um 1985/1986 der Fall war. Der damalige Abgang gestaltete sich ja auch wenig ruhmreich: Ein konfuser, wenn auch skurril-unterhaltsamer Film ("Drei gegen Drei", Regie: Dominik Graf) und eine parallel erschienene LP, die weit entfernt war vom einstigen minimalistischen Konzept.

Gitarrist Kralle galt immer als musikalisches Herz des Trios, als überzeugter Rock'n'Roller und bodenständiger Kumpeltyp, der wie seine Bandkollegen vom großen Erfolg des Welthits "Da da da" förmlich überrollt wurde. Auf der einen Seite hatte das für den Komponisten natürlich einen Jahrzehnte anhaltenden Geldsegen zur Folge, andererseits war mit dem beinahe totgespielten Song und den Auftritten in der ZDF-Hitparade für die breite Masse das Image der Ulk-Band zementiert. Lustig anzuschauen, aber schnell vergessen und musikalisch sowieso substanzlos - dieses Vorurteil wurde lange gepflegt. TRIO fand erst mal nur auf Compilations à la "Fetenhits NDW" statt (natürlich mit DEM Song und kaum etwas anderem), doch die Band ernsthaft gut oder gar wichtig zu finden, dürfte meistens eher ein mitleidvoll-nachsichtiges Lächeln ausgelöst haben.

Dabei sind es gerade die frühen Aufnahmen und Konzerte, die TRIO in einer Form zeigen, bei der auch schon der Witz und der spätere Klamauk ein Gastspiel gaben, das Fundament aber auf punkigem Rock'n'Roll errichtet war. Den Motor des Ganzen bildeten Rhythmusmaschine Peter Behrens (auch ziemlich unterschätzt) und Gitarrist Kralle, der im Sinne des Minimalismus' sogar einige Tonabnehmer aus seiner Klampfe ausbaute, um zu einem möglichst puren, krachigen Garagensound zu kommen. Mission gelungen, kann man da nur sagen, denn was viele Jahre später bei einer Band wie den White Stripes hochgelobt wurde, war in der frühen TRIO-Zeit bereits voll entwickelt angelegt. Natürlich lässt sich im Nachhinein darüber lamentieren, dass es damals nicht gelang, die unterschiedlichen Persönlichkeiten und musikalischen Ideen in der Gruppe zusammenzuhalten, aber das hat heute nur nostalgischen Wert, denn diese Zeit ist nun einmal lange vorbei.

Was bleibt, ist eine weltweit von den Fans geliebte Band, die im Ausland offenbar deutlich mehr Anerkennung genießt als bei uns. Zumindest stammen viele der Kommentare unter den Youtube-Clips aus dem englischen Sprachraum und aus Lateinamerika, wo die Band zu ihren besten Zeiten richtig groß war. Irgendwann, so kursiert eine Anekdote, war angeblich jemand mitten im Dschungel unterwegs, als plötzlich ein Kanu mit Indios seinen Weg kreuzte, aus deren Kofferradio gerade "Da da da" ertönte (selbst wenn das nicht stimmen sollte, wäre es doch zumindest schön erfunden). Zusammen mit Stephan Remmler und Peter Behrens hat Kralle Krawinkel Musikgeschichte geschrieben - nichts weniger als das. Sicher nicht mit jeder Nummer, aber es ist doch eine stolze Zahl an Songs entstanden, die ich zumindest in meinem ganz persönlichen Universum niemals missen möchte. Um es mit ABBA zu sagen: Thank You for the Music!

Gitarrenlärm, bis am Dienstag endlich DALLAS kommt
Kralle und der Kapuzen-Blues aus Großenkneten

- Stefan - 2/2014