STRASSENFEGER (Colosseum)
SCHULMÄDCHENREPORT
(Crippled Dick Hot Wax)
AT 250 MILES PER HOUR / JERRY
VAN ROOYEN (Crippled Dick Hot Wax)
BERETTA 70 (Crippled Dick Hot Wax)
SIGNOR ROSSI – Herr
Rossi sucht das Glück (Crippled Dick Hot Wax)
THE BEST OF JOHN BARRY (Columbia)
ROMA VIOLENTA u.a. (Lucertola Media)
STAHLNETZ,
DER KOMMISSAR, DIE GENTLEMEN BITTEN ZUR KASSE... Die Liste deutscher Krimiserien
und Mehrteiler aus den 50er und 60er Jahren ist nicht nur ein beeindruckendes
Dokument deutscher Fernsehunterhaltung, sie erinnert auch an eine Zeit, in
der es nur drei TV-Programme und etwas heutzutage Unvorstellbares wie den
Sendeschluß gab. Krimis waren noch in Schwarzweiß, ermittelt wurde
von seriösen Herren wie Erik Ode (DER KOMMISSAR), knisternde Spannung
füllte die deutschen Wohnstuben mit kriminalfilmbegeisterten TV-Zuschauern,
wenn die Gentlemen zur Kasse baten – der Begriff des „Straßenfegers“
war geboren.
Mit der Renaissance des Easy Listening in den letzten Jahren, die uns so wundervolle
Veröffentlichungen wie die SCHULDMÄDCHENREPORT-CD oder das SIGNOR
ROSSI-Album bescherte, war auch die Neuauflage alter Krimi-Titelmelodien unumgänglich
geworden. Herrlich schmissige Beat-/Swing-Stücke von Peter Thomas (Raumpatrouille
Orion), Martin Böttcher (Karl May-Filme) oder Erwin Halletz (Das Stundenhotel
von St. Pauli) wissen nicht nur Götz Alsmann (Moderator von „Zimmer frei“)
zu begeistern, der im Booklet allerlei Interessantes zu Komponisten und TV-Serien
zu berichten weiß.
„Straßenfeger“ bietet mit insgesamt 21 Tracks einen bunten Querschnitt
durch namhafte Serien und TV-Mehrteiler, die mitunter heute noch den Weg in
das Programm öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten finden. Manches bleibt
leider so gut wie ungesendet wie z.B. die Spionageserie DIE FÜNFTE KOLONNE
(höchst geniales Titelthema von Erwin Halletz, eine Easy Listening-Sternstunde!)
oder der superspannende Dreiteiler BABECK mit Helmuth Lohner und Senta Berger
in den Hauptrollen.
Das Primetime-Publikum ist mit dieser Art von „verstaubter“ TV-Altware zwar
nicht mehr zu begeistern, da eben nichts explodiert oder teuere Automobile in
spektakulären Unfällen zu Bruch gehen, doch dafür bieten die
Oldies deutscher Krimiunterhaltung etwas anderes, was bei den modernen Exponaten
der Gattung so schmerzlich vermißt wird: Charme, Flair, namhafte Schauspieler,
die noch echte Könner waren und eben jene so hörenswerte Musik, die
auf dieser CD versammelt ist. In den 80ern war das noch ein wenig anders: Die
alten Schimanski-Krimis garantierten Krimiqualität vom Feinsten, das Vorabendprogramm
konterte mit einem Juwel wie den FAHNDER-Folgen mit Klaus Wennemann (R.I.P.)
- doch das ist eine andere Geschichte. Hatte ich übrigens schon erwähnt,
daß „Straßenfeger“ eine Pflichtanschaffung für Freunde der
leichten Unterhaltung ist?
- Stefan - 05/01
Nach
„Straßenfeger“ nun ein Abstieg in die Niederungen deutscher Filmunterhaltung.
Negativ wäre das freilich nur dann zu sehen, glaubten wir der seriösen
Filmkritik, die sich in (sorry!) verblödeter Arroganz und ebenso gut
entwickelter Dummheit das Maul über Filme zerreißt, die nicht für
sie, sondern zur Unterhaltung des Publikums gemacht waren. Sicher kann man
über den kulturellen Wert der in den frühen 70ern massenhaft gedrehten
„Report“-Filme trefflich streiten, doch besteht die Welt nun mal nicht aus
„E“- und „U“, Triviales ist nicht automatisch schlechter oder wertloser als
die hochgelobte hohe Kunst.
Die SCHULMÄDCHEN-Filme sind, ob nun „jugendgefährdend“ oder nicht,
ein Griff in das Füllhorn praller, naiver Sexploitation, die heute immer
noch so unterhaltsam ist wie damals. Kaum zu unterschätzenden Anteil
daran hatte (und hat) die geniale Musik von Gert Wilden, der mit Künstlern
wie Hans Albers oder Hildegard Knef zusammenarbeitete, aber auch als Filmkomponist
manchen Klassiker auf seinem Konto verbuchen konnte – das schnittige „Fu Man
Chu“-Thema ist nur ein Beispiel.
Einzelne Stücke dieser CD hervorzuheben ist so gut wie überflüssig,
sie sind fast alle ein Ohrenschmaus der besonderen Art. Wilden fährt
alles auf, was die Unterhaltungsmusik seiner Zeit zu bieten hatte: Beat, satte
Bläser, Swing, massive Bässe, hier und da auch mal ein wenig Blues
und Soul. Die Palette seiner Komponistenkunst reicht von unglaublich mitreißend
(„Follow Me“) bis schwer kultverdächtig („Girl Faces“, „Dirty Beat“)
und sollte in jedem musikalisch interessierten Haushalt stehen.
Lassen wir zum Abschluß noch Peter Blumenstock zu Wort kommen, Filmkritiker
und einer der Initiatoren dieser CD: „Die deutschen Softsexfilme der 70er
Jahre hatten ihren eigenen Stil, eine einzigartige Qualität und den Charme
des Unperfekten und Menschlichen, der sie so unterhaltsam und liebenswert
machte.“ Dieses Verständnis von Trashkultur hat wenig mit jenem Retro-Kult
der letzten Jahre zu tun, der den Rückgriff auf die populäre Unterhaltung
vergangener Jahrzehnte, vorzugsweise der 70er, als oberflächlichen Kurzzeit-Gag
für partywütige Mallorca-Touristen inszenierte, als „Kult“ mit einprogrammiertem
Verfallsdatum und dem Stefan Raab-Publikum als ideale Zielgruppe. Zwangsrekurierter
Brachialhumor wie „TV total“ (es wird mitgelacht, auch wenn man eigentlich
nichts wirklich lustig findet) dürfte sich relativ schnell überlebt
haben, echte Trashkultur dagegen ist und bleibt zeitlos. Logische Folgerung:
Kaufen Sie diese CD!
P.S.: Wer immer noch zweifelt, darf sich von der luxuriösen Aufmachung überzeugen lassen, besticht das Booklet doch nicht nur durch informative Texte über Komponist und Filme, das Auge erfreuen auch zahlreiche Aushangfotos von Filmen wie „Die jungen Ausreißerinnen – Sex-Abenteuer deutscher Mädchen in aller Welt“ oder „Schulmädchenreport 4. Teil – Was Eltern oft verzweifeln läßt“ in exzellenter Qualität.
- Stefan - 05/01
Weniger
harten Beat als die SCHULMÄDCHENREPORT-CD, dafür mehr verspielten
Swing bietet diese CD mit einer Filmmusik-Werkschau des Niederländers
Jerry van Rooyen. Im einzelnen: HOW SHORT IS THE TIME FOR LOVE („Wie kurz
ist die Zeit zu lieben“), NECRONOMICON (ein Film des Spaniers Jesus Franco
Manera alias Jess Franco), THE VAMPIRE HAPPENING („Gebissen wird nur nachts“)
und DEATH ON A RAINY DAY („Die Rache des Dr. Kung“). Crippled Dick Hot Wax
können neben der Musikauswahl wieder einmal durch ein geniales Booklet
bestechen, das viele seltene Aushangfotos zu den Filmen sowie informative
Texte über den Komponisten und die Hintergründe der präsentierten
Filme enthält.
Jerry van Rooyen, der für seine musikalische Untermalung der Eröffnungszeremonie
der Olympischen Spiele 1972 in München das Bundesverdienstkreuz erhielt,
wurde Mitte der 60er Jahre von der Filmfirma Aquila dazu auserkoren, die Musik
zu einigen ihrer Produktionen beizusteuern, u.a. der erwähnte NECRONOMICON,
ein surreal-erotischer „Horrorfilm“, und weitere Jess Franco-Streifen wie SADISTEROTICA
(„Rote Lippen“/“Der Wolf“) oder KÜSS MICH, MONSTER. Kaum bekannt dürfte
die Mitwirkung des in erster Linie durch biedere Heimat- und Unterhaltungsfilme
zum Star gewordenen Adrian Hoven sein, der NECRONOMICON & Co. zusammen mit
seinem Partner Pier A. Caminnecci produzierte und seinen Sohn als kleines Kind
in dem von ihm gedrehten HEXEN - GESCHÄNDET UND ZU TODE GEQUÄLT mitspielen
ließ (Jahrzehnte später kehrte Sohnemann und Anti-Moderations-Granate
Percy Hoven mit der ersten „Big Brother“-Staffel zum Horrorfilm zurück).
Hoven und Caminnecci können sich mit der Verpflichtung Jerry van Rooyens
rühmen, ihren an sich schon ausgefallenen Filmen das ultimative Sahnhäubchen
für den ehrenvollen Einzug in den Pantheon der exotischen Filmkunst verliehen
zu haben. Rooyens Musik ist verspielt, phantasievoll, enorm vielseitig und entführt
den Hörer in eine Klangwelt, die eindrucksvoll zeigt, wie kulturell arm
das kommerzielle Kino heutzutage teilweise ist. AT 250 MILES PER HOUR und Filme
wie NECRONOMICON sind ein Fest für alle Sinne, zu dem leider nur sehr wenige
Zugang finden, weil Deutschland ja angeblich keine guten Filme hervorgebracht
hat (es sei denn, man sucht danach und wirft vor allem bildungsbürgerliches
Elitedenken über Bord) und man als hoffnungslos rückwärtsgewandt
und verbohrt belächelt wird, wenn man das Gegenteil behauptet.
- Stefan - 05/01
Der
italienische Polizeifilm hat nur relativ wenige Anhänger, diese lieben
das verkannte Genre aber um so mehr. Einen nicht zu unterschätzenden
Anteil am Reiz der v.a. in den 7oer Jahren in großer Zahl entstandenen
Filme können die Soundtracks von Komponisten wie Franco Mivalizzi, Stelvio
Cipriani oder den de Angelis-Brüdern („Oliver Onions“) für sich
reklamieren. Nachdem bereits das Label Lucertola Media mit einer eigenen Compilation
dem Italo-Polizeifilm huldigte, legen Crippled Dick Hot Wax eine zweite CD
nach, die trotz minimaler Überschneidungen bei der Titelauswahl bedenkenlos
gekauft werden kann.
Vertreten sind Stücke zu 14 mehr oder weniger namhaften Filmen, darunter
solche Klassiker wie COP HUNTER mit Maurizio Merli, KILLER COP (dämlicher
deutscher Titel, sehr guter Film!) oder TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT, dem wahrscheinlich
besten Exponat seiner Gattung, in dem Franco Nero unter der Regie von Enzo
G. Castellari eine herausragende schauspielerische Leistung ablieferte. Die
musikalische Bandbreite reicht von sattem Soul über Rocksongs bis hin
zu den mitreißenden Instrumentalstücken, für die der italienische
Polizeifilm so geschätzt wird. Wer meint, daß z.B. die Musik von
Isaac Hayes für SHAFT schon so richtig gut war, der sollte sein geneigtes
Ohr mal den Klängen auf dieser CD leihen.
- Stefan - 05/01
So
schön waren die 70er! Während sich die Kinder heutzutage von lieblos
gezeichneter japanischer Dutzendware unterhalten lassen müssen, gab´s
zu unserer Zeit und noch ein bißchen früher eine italienische Zeichentrickfigur
namens Rossi, einen knuffigen Herrn in den besten Jahren, der zusammen mit
seinem Hund Gaston (Gastone im Original) allerlei surreale Abenteuer quer
durch Zeit und Raum erlebte. Im wilden Westen, bei den Ägyptern oder
im Märchenland, wo die beiden u.a. auf einen Baum mit drei singenden
Enten trafen, immer begleitete eine höchst eigenwillige Musik das bunte
Geschehen.
Ob Kannibalen-Beat, mitreißender Nonsens („Qua Qua Qua“) oder Pharaonen-Swing
– es ist alles da und nach dem Anhören dieser CD fühlt man sich
wie auf einem LSD-Trip. Ich kann da zwar keine einschlägigen Einfahrungen
vorweisen, aber genauso stelle ich mir das vor: Farben und Musik, die nicht
mehr von dieser Welt sind, ein Universum, das irgendwie so gar nicht an jenes
erinnert, welches wir kennen. Die Gesetze des Kosmos müssen angesichts
der Existenz solcher Musik umgeschrieben werden.
Die Verantwortlichen von CDHW haben für die SIGNOR ROSSI-CD so ziemlich
alles an Material zusammengetragen, was gerade greifbar war. Allein das Titelthema
(sehr schön besonders in Deutsch!) ist in drei verschiedenen Sprachen
vorhanden, dazu noch als Instrumental- und reine Gesangsversion. Daß
die optische Gestaltung der CD wie immer genial ist, muß man bei Crippled
D. nicht extra erwähnen, das Label bürgt eben für Qualität.
Das Schönste zum Schluß: HERR ROSSI SUCHT DAS GLÜCK gibt´s
auch auf Video und zwar über „Karussel“. Einfach nachfragen, die Videos
müßten noch lieferbar sein. Viel Spaß!
- Stefan - 05/01
DIE
ZWEI (eine TV-Serie mit Tony Curtis und Roger Moore), GOLDFINGER, IM GEHEIMDIENST
IHRER MAJESTÄT. Filmtitel wie diese dürften den meisten ein Begriff
sein, weniger wohl der Mann, der die Musik dazu schrieb. Auf vorliegender
CD (gibt´s bei „Müller“ zum Sonderpreis) ist eine nette Zusammenstellung
von John Barry-Soundtracks vertreten, die von den 60ern bis in die jüngere
Vergangenheit reicht (DER MIT DEM WOLF TANZT, JENSEITS VON AFRIKA). Musikalisch
erweist sich John Barry als ausgesprochen versiert, sein Können reicht
von lockerem Beat bis hin zum schmachtenden Geigen-Bombardemang großer
Hollywood-Filme.
Warum außerdem früher alles besser war, beweisen Barrys Arbeiten
für die James Bond-Filme, seien es mit Recht zu Klassikern avancierte Songs
wie „Goldfinger“ und „Diamonds are forever“ oder das bombastische, problemlos
bis zu 500 Mal am Tag konsumierbare Titelthema von IM GEHEIMDIENST IHRER MAJESTÄT
(so cool war Bond in den langweiligen 90ern nicht mal ansatzweise!). Wer sich
einen Überblick über John Barry verschaffen, aber sich nicht gleich
mehrere Alben kaufen möchte, dürfte hier richtig liegen.
- Stefan - 05/01
Zu den besprochenen Alben fiel mir ein Essay von Martin Büsser mit
dem Titel „Krautrock Post Mortem“ aus seiner Textsammlung „Antipop“ (Ventil-Verlag,
1998) ein, wo es heißt:
„Die Rückkehr in die Welt der Kindheit ist offensichtlich zur letzten
Vorstellung von Abgrenzung geworden: Sämtliche Phänomene von ABBA
bis RAMONES, von AMON DÜÜL II bis James Last, von KISS bis OLIVER
ONIONS waren einst Soundtrack der kleinen heilen Welt zwischen Goldfischteich
und Einbauküche im Elternhaus und werden von den heute Dreißigjährigen
mit einem Seufzen in die nun eigenen Wohnungen eingebaut. Die Retro-Kultur beschränkt
sich freilich nicht nur auf die Musik: Cassius Clay, Bruce Lee, Schulmädchen-Report,
Lavalampen und Cordhosen ergänzen das nostalgische Ensemble.“ (S. 68)
Man merkt, daß man alt wird, wenn man Retro-Phänomene als Teil
der eigenen Vergangenheit wiedererkennt...
- Martin -
Mit
dieser CD begann Mitte der 90er die Renaissance des italienischen Polizei-
und Gangsterfilms, nachdem zuvor ein Artikel in der Zeitschrift „Splatting
Image“ erschienen war. Hier gibt es die Musik zu vier durchweg sehr sehenswerten
Filmen zu hören, namentlich ROMA VIOLENTA (Gewalt rast durch die Stadt),
NAPOLI VIOLENTA (Camorra-Ein Bulle räumt auf), NAPOLI SPARA! (Die Killermeute)
und ITALIA A MANO ARMATA (Cop Hunter). Musikalisch wird der Fan von Euro-Filmen
der 70er bestens bedient, Komponisten wie die de Angelis-Brüder oder
Franco Micalizzi lassen daran keinen Zweifel aufkommen.
Die italienische Herkunft der Musik (und auch der Filme selbst) kommt in den
25 Stücken überdeutlich zum Ausdruck, man neigte damals noch nicht
dazu, penetrant nach dem amerikanischen Markt zu schielen und scheinbar jede
eigene kulturelle Identität aufzugeben wie z.B. in den teilweise nervtötend
unitalienischen Horrorfilmen der späten 80er Jahre, als sich cool gestylte
MTV-Typen auf der Leinwand tummelten, von unsäglichem US-Hardrock-Gekreische
untermalt (Songtitel wie „I can´t get enough“ oder „Gonna kick some
ass tonight“ sollten, falls in Verbindung mit Bands wie Poison oder Bon Jovi
auftretend, mit dem sofortigen Vollzug der Todesstrafe geahndet werden).
Hier dagegen ist die Welt des abseitig interessierten Filmfreunds noch in
Ordnung, zudem enthält die CD eigentlich kaum ein schwaches Stück,
was auch die Qualität der Zusammenstellung seitens des Labels beweist.
Bei Kaufinteresse bitte beeilen, da Lucertola Media ihre Arbeit eingestellt
haben und nur mehr einige Titel aus ihrem Programm in geringen Stückzahlen
erhältlich sind (evtl. mal die Homepage von Videodrom antesten, der Berliner
Versand hatte bis vor kurzem die restlichen CDs noch im Programm).
- Stefan - 05/01