„Vinum
Sabbathi“ (der erste Song dieses Albums), das klingt irgendwie lateinisch
und soll wohl heißen, daß im Wein nicht nur die Wahrheit, sondern
auch der Ursprung des Heavy/Doom Metal liegt (für alle immer noch Orientierungslosen:
Wir sprechen von BLACK SABBATH und zwar den alten mit Ozzy Osbourne). Es soll
ja doch einige Bands geben, die sich auf die Urväter des schweren Stromgitarren-Sounds
als DIE prägende Band schlechthin berufen, manche Gruppen klingen fast
wie eine in die Jetzt-Zeit herübergerettete Kopie der Engländer.
Nun, ganz so extrem sind die Parallelen bei ELECTRIC WIZARD nicht ausgefallen,
aber Doom und zwar sehr hörenswerter ist natürlich ihr Metier. „Natürlich“
deshalb, weil ihr Album auf Rise Above erschienen ist und dessen Boß
Lee Dorrian (ehemals Napalm Tod, jetzt Cathedral) hat ja bekanntermaßen
ein recht gutes Händchen für Doom in seinen diversen Spielarten.
Die ersten Schritte des Hörers in Richtung „Dopethrone“ lassen darauf
schließen, daß die Band offenbar a) gerne und ausdauernd illegale
Rauchmittel konsumiert, b) ein Faible für alte Horrorklassiker hat und
c) im Stile von Venom auch den einen oder anderen Ziegenkopf bzw. fünfzackigen
Stern im Booklet nicht verschmäht.
Satanistisches „Wir sind die ganz Harten“-Posing ist das aber nicht, eher
ein Umgang mit dem Makaberen und Morbiden, der sich schon lange im Heavy Metal
findet, seinen Ursprung natürlich maßgebend aus der Quelle Black
Sabbath bezieht (vgl. dazu den Song „Come To The Sabbat“ von dem BLACK WIDOW-Album
„Sacrifice“!) und sich auch auf Gruppen der frühen 80er wie Mercyful
Fate oder Celtic Frost übertragen läßt, die solche Themen
ebenfalls mit Stil und musikalischer Raffinesse behandelten - Kirchen anzünden
oder Nazi sein mußte man damals zum Glück noch nicht.
ELECTRIC WIZARD hört man am besten nachts, allein und evtl. beim Computerspielen
(„Doom“ natürlich, was sonst?). Das Trio klingt sicher nicht ganz leichtverdaulich,
der Gesang beispielsweise ist recht verzerrt, doch mit ein wenig Geduld gewinnt
„Dopethrone“ nach jedem Durchlauf mehr an Qualität. Harte, bisweilen
mit „spacigen“ Gitarreneffekten untermalte massive Gitarrenwände nehmen
einen gefangen, ohne daß instrumentell sehr viel Aufwand betrieben würde
(was nun aber nicht heißen soll, daß die Herrschaften nicht spielen
könnten). Der Aufbau von musikalischer Atmosphäre ist eben auch
mit sparsamen Mitteln zu erreichen, getreu dem Motto: „Am Anfang war das Riff
und das Riff war gut.“
Richtig monumental werden ELECTRIC WIZARD mit dem dritten Stück „Weird
Tales“, einer Sound-Wand mit immerhin 15 Minuten Laufzeit, die in der epochalen
zweiten Hälfte ein wenig an die Musik zu Kenneth Angers „Lucifer Rising“
erinnert und einfach nur genossen werden sollte. Schade, daß dieser
ins Unendliche abdriftende Soundtrip nicht gleich am Ende der CD plaziert
wurde, er wäre der ideale Abschluß gewesen. Wer Musik wie ELECTRIC
WIZARD einfach nur langweilig findet, hat vielleicht keine besonders ausgeprägte
Ader für diese Art der Musik, soll´s ja geben. Etwas mehr auch
an zeitgenössischen Bands orientiert zeigt sich das Trio in dem Song
„Funeralopolis“, Einflüsse von Gruppen wie Sleep (waren mal auf Earache)
oder Iron Monkey (dito) machen sich an einigen Stellen bemerkbar.
Für den Freund von alten Schundfilmen haben ELECTRIC WIZARD auch so manchen
Hinweis versteckt, etwa einen Dialog Reggie Nalders (der im Booklet gegrüßt
wird) aus „Hexen bis aufs Blut gequält“ oder Songtitel wie „The Hills
Have Eyes“ (ein Wes Craven-Film, in D hieß er „Der Hügel der blutigen
Augen“). Sehr sympathisch auch, daß die Jungs Hexenjäger-Filme
mögen, da scheinen sie mit ihrem Labelchef Lee Dorrian einen Bruder im
Geiste gefunden zu haben, schließlich verwendeten Cathedral in ihren
Clip zu „Witchfinder General“ Szenen aus dem gleichnamigen Film mit dem genialen
Vincent Price.
Der Rest des Albums ist auch sehr ordentlich ausgefallen, vorausgesetzt, man
mag Doom, kann auch mitunter auftretende mangelnde Abwechslung als erträglich
hinnehmen und benötigt keine Geschwindigkeit als einzigen musikalischen
Berechtigungsnachweis (wobei ELECTRIC WIZARD an einigen Stellen auch mal etwas
flotter werden, also einschlafen wird man dabei nicht unbedingt). Bevor ich´s
vergesse: Der Spruch „Legalise drugs and murder“ im Booklet ist wohl einfach
schwarzer Humor oder im Haschnebel entstanden, ernstnehmen sollte man solchen
Quark nicht.
- Stefan - 05/01