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ELECTRIC WIZARD - Dopethrone (Rise Above/MFN) (2000)

dopethrone„Vinum Sabbathi“ (der erste Song dieses Albums), das klingt irgendwie lateinisch und soll wohl heißen, daß im Wein nicht nur die Wahrheit, sondern auch der Ursprung des Heavy/Doom Metal liegt (für alle immer noch Orientierungslosen: Wir sprechen von BLACK SABBATH und zwar den alten mit Ozzy Osbourne). Es soll ja doch einige Bands geben, die sich auf die Urväter des schweren Stromgitarren-Sounds als DIE prägende Band schlechthin berufen, manche Gruppen klingen fast wie eine in die Jetzt-Zeit herübergerettete Kopie der Engländer. Nun, ganz so extrem sind die Parallelen bei ELECTRIC WIZARD nicht ausgefallen, aber Doom und zwar sehr hörenswerter ist natürlich ihr Metier. „Natürlich“ deshalb, weil ihr Album auf Rise Above erschienen ist und dessen Boß Lee Dorrian (ehemals Napalm Tod, jetzt Cathedral) hat ja bekanntermaßen ein recht gutes Händchen für Doom in seinen diversen Spielarten. Die ersten Schritte des Hörers in Richtung „Dopethrone“ lassen darauf schließen, daß die Band offenbar a) gerne und ausdauernd illegale Rauchmittel konsumiert, b) ein Faible für alte Horrorklassiker hat und c) im Stile von Venom auch den einen oder anderen Ziegenkopf bzw. fünfzackigen Stern im Booklet nicht verschmäht.
Satanistisches „Wir sind die ganz Harten“-Posing ist das aber nicht, eher ein Umgang mit dem Makaberen und Morbiden, der sich schon lange im Heavy Metal findet, seinen Ursprung natürlich maßgebend aus der Quelle Black Sabbath bezieht (vgl. dazu den Song „Come To The Sabbat“ von dem BLACK WIDOW-Album „Sacrifice“!) und sich auch auf Gruppen der frühen 80er wie Mercyful Fate oder Celtic Frost übertragen läßt, die solche Themen ebenfalls mit Stil und musikalischer Raffinesse behandelten - Kirchen anzünden oder Nazi sein mußte man damals zum Glück noch nicht.
ELECTRIC WIZARD hört man am besten nachts, allein und evtl. beim Computerspielen („Doom“ natürlich, was sonst?). Das Trio klingt sicher nicht ganz leichtverdaulich, der Gesang beispielsweise ist recht verzerrt, doch mit ein wenig Geduld gewinnt „Dopethrone“ nach jedem Durchlauf mehr an Qualität. Harte, bisweilen mit „spacigen“ Gitarreneffekten untermalte massive Gitarrenwände nehmen einen gefangen, ohne daß instrumentell sehr viel Aufwand betrieben würde (was nun aber nicht heißen soll, daß die Herrschaften nicht spielen könnten). Der Aufbau von musikalischer Atmosphäre ist eben auch mit sparsamen Mitteln zu erreichen, getreu dem Motto: „Am Anfang war das Riff und das Riff war gut.“
Richtig monumental werden ELECTRIC WIZARD mit dem dritten Stück „Weird Tales“, einer Sound-Wand mit immerhin 15 Minuten Laufzeit, die in der epochalen zweiten Hälfte ein wenig an die Musik zu Kenneth Angers „Lucifer Rising“ erinnert und einfach nur genossen werden sollte. Schade, daß dieser ins Unendliche abdriftende Soundtrip nicht gleich am Ende der CD plaziert wurde, er wäre der ideale Abschluß gewesen. Wer Musik wie ELECTRIC WIZARD einfach nur langweilig findet, hat vielleicht keine besonders ausgeprägte Ader für diese Art der Musik, soll´s ja geben. Etwas mehr auch an zeitgenössischen Bands orientiert zeigt sich das Trio in dem Song „Funeralopolis“, Einflüsse von Gruppen wie Sleep (waren mal auf Earache) oder Iron Monkey (dito) machen sich an einigen Stellen bemerkbar.
Für den Freund von alten Schundfilmen haben ELECTRIC WIZARD auch so manchen Hinweis versteckt, etwa einen Dialog Reggie Nalders (der im Booklet gegrüßt wird) aus „Hexen bis aufs Blut gequält“ oder Songtitel wie „The Hills Have Eyes“ (ein Wes Craven-Film, in D hieß er „Der Hügel der blutigen Augen“). Sehr sympathisch auch, daß die Jungs Hexenjäger-Filme mögen, da scheinen sie mit ihrem Labelchef Lee Dorrian einen Bruder im Geiste gefunden zu haben, schließlich verwendeten Cathedral in ihren Clip zu „Witchfinder General“ Szenen aus dem gleichnamigen Film mit dem genialen Vincent Price.
Der Rest des Albums ist auch sehr ordentlich ausgefallen, vorausgesetzt, man mag Doom, kann auch mitunter auftretende mangelnde Abwechslung als erträglich hinnehmen und benötigt keine Geschwindigkeit als einzigen musikalischen Berechtigungsnachweis (wobei ELECTRIC WIZARD an einigen Stellen auch mal etwas flotter werden, also einschlafen wird man dabei nicht unbedingt). Bevor ich´s vergesse: Der Spruch „Legalise drugs and murder“ im Booklet ist wohl einfach schwarzer Humor oder im Haschnebel entstanden, ernstnehmen sollte man solchen Quark nicht.

- Stefan - 05/01