Zur Rubrik "Hören"
Kommentieren
Zur Hauptseite
Zur Hauptseite
Worum's geht...
Musikmacher
Bewegte Bilder
Lesen
Anderes

New Model Army, History Tour, 22. und 23.12.2000, Köln, Palladium

Das gegenüber dem E-Werk gelegene Palladium ist noch größer als das erstgenannte, oder zumindest länger. Die beiden Balkone rechts und links waren am ersten Tag nur teilweise für das 'normale' Publikum geöffnet, am zweiten Tag komplett für die V.I.P.s reserviert, was ich nicht gar so gelungen fand, weil man im Gewühl, wenn man nicht gerade 1,80 m groß ist und nicht direkt in der ersten Reihe steht, keine wirkliche Chance hat, auch etwas von der Band zu sehen...

Es war nicht ausverkauft, aber dennoch gut gefüllt. Eine Vorband gab es nicht, es war eher wieder ähnlich der Strange-Brotherhood-Tour, als Army selbst als Vorband aufgetreten waren: & Nobody Else.

Beginn am ersten Abend: 20.00 h. Es waren eine Menge Leute da, die irgendwie immer da sind, aber sicherlich auch viele, die Army nun schon ewig nicht mehr gesehen haben, vielleicht das letzte Mail zur Zeit von Thunder and Consolation. Außerdem waren erstaunlich viele Leute um die beginnenden 20er da, die eigentlich bewußt nur die Veröffentlichung der letzten zwei Platten mitbekommen haben dürften. Fand ich ausgesprochen positiv, die Band ist also nicht nur gut für Leute, die gern in Vergangenem schwelgen, sondern sie ist durchaus noch in der Lage, neue Fans für sich zu begeistern.

Der erste Part war etwas ruhiger gehalten, Justin eröffnete beide Abende solo mit akustischer Gitarre um dann nach und nach Dave Blomberg (Gitarre), Dean White (Keys), Michael Dean (Drums) und last but not least Nelson (Bass) auf die Bühne zu rufen. Meines Wissens nach das erste Mal (zumindest in letzter Zeit), daß er die komplette Band namentlich genannt hat. Sonst vielleicht mal Nelson oder Dave, aber nie alle. Wenn man aber bedenkt, daß dies eine History-Tour war anläßlich des 20-jährigen Bühnenjubiläums von New Model Army und wenn man weiter bedenkt, daß von den ursprünglichen Mitgliedern oder denen, die Army lange Zeit geprägt haben, außer Justin Sullivan selbst niemand mehr dabei ist, war es wohl mehr als angebracht, die 'neuen' New Model Army einmal vorzustellen.

Eröffnet wurde am Freitag mit Drag it down, gefolgt von Higher wall, danach zusammen mit Dave Blomberg Turn away, schon mal absolut was für mich, ich liebe diese Songs ;-) Der letztere ist übrigens eher ein Justin-Solo-Song, zu finden auf der Big guitars in little Europe (live). Als Studiosong existiert er (noch?) nicht. Weiter ging's mit Snellsmore Wood, das ich auch zum ersten Mal bei einem Solo-Konzert von Sullivan gehört habe. Nun kam auch der Rest der Band auf die Bühne und es ging immernoch gemäßigt weiter mit Lovesongs und Ghost of my father, wunderschön. Das Konzert baute sich langsam auf, die songs wurden kreuz und quer durch die 20 Jahre gespielt, gut gelungen.

Special Guest an diesem Abend für alles, was die Mundharmonika anging: Mark Feldham! Nicht dass Justin keine Mundharmonika spielen kann, macht er ja auch gerade auf Solo-Gigs häufig, aber wenn Mr. Feldham loslegt, hört man doch einen gewissen Unterschied!

Mark tauchte beim folgenden Stück das erste Mal auf, wurde aber auch im weiteren Verlauf des Abends noch häufiger gesichtet (nicht von mir, okay ;-) ): Waiting, sehr gelungen. Von diesem sehr alten Stück ein gewagter Sprung direkt auf die letzte CD: Orange Tree Roads, eines der guten Stücke der Eight, gefolgt von Stupid Questions, das ich irgendwann genau wie I love the world, zuviel gedudelt hatte... Den Abschluß dieser ersten Stunde machte Someone like Jesus, was mir wiederum nicht sooo gut gefällt und ebenfalls auf der Eight zu finden ist.

In der Pause von 21:00 h bis 21:15 h mogelten wir uns etwas weiter nach vorn, was mir zumindest hin und wieder einen Blick auf Justin, Dave oder auch Nelson einbrachte, aber in erster Linie konnte ich die Bühnendeko bewundern: Ein weißes, durchscheinendes Tuch, das von oben gerade auf die Bühne fiel und auf beiden Seiten daneben ebenfalls Stoffbahnen, von einem Mittelpunkt ausgehend, die zu beiden Seiten wegfielen, es sah aus wie ein Vorhang. Diese wurden während des Konzerts in allen erdenklichen Farben bestrahlt. Wirklich hübsch - aber die Band hätte ich lieber gesehen ;-)

Das 'Adrenalin Set' startete mit Notice me, gefolgt von Long goodbye und The Charge. Danach White light, Aimless Desire und WW2G. Danach wurde es wieder etwas ruhiger, ich mußte kurz nachgrübeln, was das denn nun war: No greater love. Danach No pain. Justin erzählte zwischendrin, daß es ein echt netter Geburtstag sei, aber wie immer bei Army hob er seine Stimme für's Singen auf, das Erzählen spart er sich für RSC oder seine Solo-Konzerte auf.

Weiter ging's mit Flying through the smoke und dann wurde noch einmal Mark Feldham bejubelt: I wish. Eine weitere B-Side, die das Gerücht, daß B-Sides von Army häufig besser seien als die zugehörigen A-Sides, bestätigt, folgte: Brother. Passend zum aktuellen Geschehen: White coats. Danach erzählte Justin von Maggie Thatcher, Helmut Kohl und Ronald Reagan, daß diese Leute einmal wichtig waren, nun aber nicht mehr da sind; NMA aber schon! ;-)

51st state in einer eher akustischen Version folgte, wie man sich gleich beim Namen Maggie Thatcher denken konnte ;-) Den Abschluß des Hauptsets gegen 22:00 h machte wie immer WAR.

Als Encores gab's ein Cover: Gimme shelter. Danach begannen sie, den instrumentalen Teil von Poison Street zu spielen. Das Publikum gröhlte natürlich los, um dann irgendwann festzustellen, daß es allein singt. Naja, auch nicht schlimm, von sowas lassen wir uns ja nicht beirren...sie ließen uns dann singen, so weit wir kamen und lachten mit uns, als es bei 'in Poison Streeeeet, they guard the gates with bitter, bitter tongues ..'irgendwann dann dünn und immer dünner wurde - und begannen von vorn ;-)

Dasselbe haben sie übrigens auch in Liverpool gemacht (von den anderen gigs in Nottingham und London weiß ich es nicht), mit der Ankündigung, dies in Deutschland auch versuchen zu wollen, nach dem Motto: mal sehen, wie weit die kommen, es werden noch Wetten entgegengenommen ;-)

Das zweite Zugabenset bestand aus Living in the rose (naja) und natürlich Vengeance, allerdings auch hier die zweite Strophe in der abgeänderten Version. Ich dachte echt, daß sie die Ursprungsfassung singen würden auf dem History-Konzert. Gut daß ich nicht gewettet habe ;-))

Das Spektakel endete gegen 22:45 h.

Absolut genial. Justins Haare sind übrigens nicht mehr blondiert, ansonsten ist von den langmähnigen Zotteln von vor 20 Jahren niemand mehr übrig, alle haben kurzgeschorene Haare (mal abgesehen davon, daß es nicht mehr die gleichen Personen sind ;-) ). Bei den Fans ist dieser Trend auch vorhanden (vor allem bei denjenigen, bei denen entweder die Haare für Mähnen nicht mehr ausreichen oder bei denen, die jetzt einem 'geregelten' Job nachgehen ;-) ), aber einige mit langen Mähnen gibt es immernoch. Und die sind etwa 1,90 m groß und stehen mir genau vor der Nase, wackeln wild mit ihren Zotteln und erreichen so, daß ich erst recht nichts sehe ;-)))

Draußen im Vorraum gab's einen Merchandise-Stand, an dem Ben und Joolz wie üblich T-shirts verkauften, aber auch Bücher von Joolz waren zu bekommen. Außerdem waren ein paar ihrer Bilder ausgestellt, unter anderem eines in s/w von Justin, das ich schon einmal in Köln bewundert habe. Und es gab geniale - leider auch ziemlich teure - Fotos von der Band, die der Fotograf (Jochen Melchior) nach dem Konzert zum Verkauf anbot, präsentiert an einer großen Wand. Geniale Sachen, typische Gesten, echt sehr schön, bunt und s/w, aber einfach zu teuer, vor allem, wenn man sich nicht für eins entscheiden kann ;-)

Der erste Abend war in der Konsequenz echt sehr schön, alles war zufrieden, viele Leute ärgerten sich, weil sie doch nur eine Karte erstanden hatten, am nächsten Abend keine Zeit hatten oder wie auch immer. Einige, die in London schon dabei waren (Gruß an Silke und Aideen), kündigten schon an, daß der folgende Abend noch viel, viel genialer sein würde.

Was uns, die wir ja Karten hatten, um so mehr freute ;-)

Der zweite Abend war ähnlich gut besucht, aber auch nicht ausverkauft. Es begann wieder eher ruhig, aber erst gegen 20:20 h. Pause um 21:00, was mich schon vermuten ließ, daß wir irgendwie um 20 Minuten betrogen werden würden, was sich leider auch bewahrheitete.

Aber egal, noch hat das Konzert - zumindest in meiner Beschreibung - ja gar nicht angefangen ;-)

Start mit Justin solo und Family life, danach mit Dave Changing of the light, auch ein absoluter Lieblingssong von mir, ebenfalls Justin und Dave solo, Big Guitars in little Europe, ansonsten noch auf keiner 'Studio'-CD.

Danach mit der Band Bad old world, Space (wobei ich immer noch nicht verstehe, warum Joolz nicht den Zwischentext sprechen kann, wenn sie doch nun schon mal dabei ist), Headlights on your tail, dann wieder eins meiner B-Side Favourites: Prison, gefolgt von einem song, den ich für eher überflüssig halte, auf der CD und erst recht live: Big Blue, diesmal als winter redemption song, sonst mußte es immer als summer redemption song herhalten, was es nicht besser macht ;-)

Aber direkt danach war natürlich alles wieder vergessen: Vanity und Ballad of Bodmin Pill, seufz ;-)

Den Abschluß machte das eher erzählte als gesungene Lied Leeds Road 3 a.m., es war in der Halle für dieses Stück eigentlich zu unruhig, schade, wohl doch eher für Solo-Konzerte vor kleinerer Menge geeignet.

Wie am Tag zuvor gab es eine Pause von 21:00 h bis 21:15 h und danach ging es mit Power weiter.

Special Guest diesmal war: Ed Alleyne Johnson und seine Geige Extra eingeflogen, in London war er leider noch krank und konnte nicht auftreten. Wahnsinniger Jubel, absolut irre. War für Ed sicherlich auch ein komisches Gefühl, nach 10 Jahren wieder vor einer solchen Menschenmenge zu spielen. Wunderschöne Intros, irgendwann spielte er schon oder noch weiter als die anderen Bandmitglieder schon fertig waren (oder eben noch nicht angefangen hatten). Sie überließen ihm die Bühne allein, stellten sich links an den Rand und es war absolut irre. Schade war, daß Justin direkt nach diesem wilden Jubel richtigstellen mußte: This is not a reunion. Reunion hin oder her, Ed war klasse und auf jeden Fall eine Bereicherung des Abends. Ich fühlte mich zurückversetzt zu meinem ersten Army-Konzert 89 in Bochum, wo auch Ed den Abend eröffnet hat und ganz allein mit einem großen schwarzen Hut mit Geige von links nach rechts und wieder zurück über die Bühne gewandert war, bevor der Rest der Band ebenfalls erschien. Damals hab ich übrigens ähnlich wenig gesehen wie dieses Mal! ;-)))

Okay, der erste Song des Adrenalin Sets war R&R (noch so ein naja-Lied, das ich vielleicht nicht unbedingt zu den besten songs der letzten 20 Jahre zählen würde), danach Believe it und Over the wire. Danach nochmal Eight mit Stranger. Ich mag den Song, aber ich bin verflixt nochmal nicht auf den Titel gekommen, die Songs der Eight habe ich bis auf die Justin-Solo-Sachen irgendwie noch nicht so verinnerlicht. Ist auch eher eine Solo-Platte mit Lückenfüllern, imho natürlich nur...

Danach Get me out, Inheritance, Liberal Education (wow) und dann der erste große Einsatz von Ed Johnson bei Purity, seufz, den Mann will ich wieder häufiger auf der Bühne sehen und hören! Natürlich ist der song sonst auf Konzerten auch schön, aber so ist er halt doch einmalig und besonders. Im Anschluß wieder ein Justin-solo-Song: you weren't there, absolut toll mit einem sehr lauten, sehr vielstimmigen Chor, der das mit der Melodie sogar ziemlich gut hinbekommen hat ;-)

Weiterhin akustisch, aber mit kompletter Band: 225, danach Family und I love the world (ich wußte es! ;-)). Gegen 22:15 endete damit das offizielle Set.

Die ersten Zugaben waren Marakesh (Justin solo), genial!! und Archway towers, No rest 

Zweites Set: Vagabonds, mit einem genialen, wunderschönen Intro von Ed Alleyne Johnson. So muß dieses Lied sein. Es war zwar auch in der Vergangenheit bei Konzerten witzig, wenn sie es denn mal gespielt haben, aber Ed's Violine ist durch nichts zu ersetzen. Im Anschluß noch, mindestens genauso schön, Green & Grey.

Justin bedankte sich noch einmal, daß es ein schöner Geburtstag gewesen sei. Und sie verschwanden um 22:45 h wie gestern auch.

Es war wirklich wunderschön, schon durch Ed war der zweite Abend noch schöner als der erste, aber ich kann nicht sagen, daß er '1.000 x schöner' war, so wie manch andere es ausgedrückt haben, die früher ganze Tours mitgemacht haben, vielleiht macht das den Unterschied in der Beurteilung aus. Mir haben dadurch, dass die Lieder nicht chronologisch sondern wild durcheinander waren, beide Abende supergut gefallen, den Ausschlag für Abend Nr. 2 gibt wirklich Ed mit seiner Geige.

Und weil's so schön war und weil's ja auch ein Geburtstag war, sang die ganze Halle der Band ein Geburtstagsständchen: happy birthday dear Army happy birthday to you.

Dennoch ließen sie sich nicht erweichen und kamen nicht zurück - die Veranstalter stellten das Licht an und später auch irgendwelche unpassende Rausschmeiß-Musik. Ob nun die Band nicht mehr wollte oder nicht mehr durfte, weiß ich leider nicht, ich hoffe letzteres.

Die Rauswurf-Aktion im Palladium war übrigens ähnlich rabiat wie in der Live Music Hall, ich weiß nicht, vielleicht ist das in Köln ja gängige Praxis, mir gefällt's nicht, Army-Konzerte sind ja auch immer ein Stück weit das Treffen mit Leuten, die man selten, wenn nicht gar nur auf diesen Konzerten sieht und ein so abruptes Ende des Schwelgens in Erinnerungen und des Austausches von Neuigkeiten oder des Fachsimpelns und Klönens über das vergangene Konzert ist und bleibt EINFACH NICHT SCHÖN!!!

Wer diese Band mal mochte oder noch immer mag und dieses Doppelkonzert verpaßt hat, ist selber schuld, es war wunder- wunderschön, auch wenn ich mich wiederhole ;-) Und an Doppelkonzerte generell könnte ich mich gewöhnen ;-)

- Anja - 01/01