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SYMPHONY X - The New Mythology Suite (2001)

"And to this planet it arrived ..."

Es gibt in der wohl unendlichen Weite des Musik-Kosmos immer wieder Gesamtkunstwerke, deren Melodien und Geschichten über Monate, Jahre (...) hinaus Seele und Bewußtsein der begeistert Hörenden beanspruchen. Werke, welche musikalisch und lyrisch eine eigentlich nur magisch zu nennende Faszination ausüben ... wenn man die Zeit und Muße besitzt, sich auf sie einzulassen, ihnen die höchstmögliche Aufmerksamkeit schenkt. Denn diese ist nötig, um in die Welt des Kunstwerkes - und jedes inspirierte Kunstwerk ist eine Welt für sich - geistig einzutauchen.
Die Erforschung des akustischen Labyrinths, die meditative Einswerdung mit der Musik bei geschlossenen Augen, nicht nur für die Dauer einer CD, sondern auch darüberhinaus (wahrscheinlich sogar über diese verflucht schöne Welt hinaus), dies kann ein Gefühl von Zeitlosigkeit vermitteln, eine Ahnung von ... Ewigkeit: Soundspaceternity awaits ...

Mit ein wenig Fantasie kann sich jede Musikseele dieses letztendlich nicht mehr materielle Musik-Kontinuum vorstellen. Ich meine, selbst im Zeitalter des Rationalismus ist die Vision einer anderen, friedlicheren Existenzebene nicht totzukriegen. Und wenn es wahr ist, was Jesus, Buddha, Hesse, was alle ernsthaften Dichter und Künstler, alle Heiligen und Mystiker der Menschheitsgeschichte erkannt, gedacht, gefühlt und beschrieben haben, wenn es wirklich so ist, dann wartet auf diejenigen, welche daran glauben können, allumfassende, leidlose Ewigkeit, inclusive allem, was auf der planetaren Welt gut, aber nie von Dauer war. Und dazu gehört auch weiß Gott die Musik, in ihrer ganzen Vielfalt. Nicht nur die Sphärenharmonien, das Rauschen der Meeresbrandung, der Blätter im Wind ... ebenso sind die wirklich von der Seele kommenden Kunstwerke eine Dimension, jedes einzelne ein zeitloser Raum für sich.
Sicherlich gibt es allein schon im Metal/Rockmusikbereich viele solcher Werke, zu viele, um sich in der Zeit mit jedem interessant klingenden wirklich ausführlich beschäftigen zu können. Außerdem gibt es ja auch andere Musikrichtungen. Also beschränkt man sich auf einige ausgewählte, von Magazinen, Kumpels oder der eigenen Kauf-Intuition empfohlene Sachen...und hofft auf ewigkeitswürdige Werke, wie z.B: in den letzten Jahren die Outputs von Ayreon, Dream Theater, Shadow Gallery, Nightwish, The Tea Party, Arena, Pendragon, Marillion .....u.v.m..
Doch Schluß mit dem namedropping, jetzt aber wirklich zu "The New Mythology Suite", denn mit diesem Album haben Symphony X eines dieser ultimativen Gesamtkunstwerke erschaffen, von denen in der Einleitung die Rede war.
O.k., "Damnation Game", "The Divine Wings Of Tragedy" und "Twilight In Olympus" zuvor waren auch schon göttlich und fraglos wegweisend im anspruchsvoll-melodiösen Progressivemetal. Songs wie "The Accolade", "Orion The Hunter", Lady Of The Snow", "Edge Of Forever", "A Winter's Dream" und etliche mehr sind im Laufe der Jahre zu immer wieder hörbaren Klassikern geworden.
Aber das fünfte Album "The New Mythology Suite" ist nochmal eine Dimension weiter, musikalisch, lyrisch, überhaupt. Der zuvor schon überweltliche Gesang ist variabler denn je, der Klassikeinfluß noch verstärkt, Gitarre und Keybord zaubern vielfältige und ozeanweite Klangräume, die Story reicht von Atlantis über Ägypten bis zur Neuzeit und macht eine ausführliche Beschäftigung mit Booklet und Lyriks unumgänglich. "And to this planet it arrived, a consciousness of pure energy that projected itself into this material world ..."
Einminütiges Bombastklassik-Intro, und sogleich folgt mit "Evolution (The Grand Design)" ein Band-typischer Eröffnungs-Hochgeschwindigkeitskracher mit recht straightem Chorus und einem Wahnsinnsbreak gegen Ende ("...Gods we will be, rulers of the sea, in our grand design...").
Ohne Ruhepause schließt sich das genial-düstere "Fallen" an, mit unglaublich geilen Riffs, leicht versetztem Rhythmus und erneut überragendem Refrain: "Tonight darkness will shadow the light, symmetry divine, there's no force greater dividing the fathers of time...paradise denied, the balance of ages forever lost in time...".
Transzendental-orchestrale Überleitung, dann endlich die erste Akustikgitarre, umrahmt von kristallenen Keybordmelodien. "Communion And The Oracle" ist ein im Abendsonnenlicht glitzernder Strom von göttlichen Harmonien, schwerelos ineinanderfließenden Passagen, darüber schwebend eine himmlische Weisen singende Stimme: "...breathe the air around you, the oceans fill your veins and winds embrace your heart, feel the change within you, the sun and moon align, the grand design awaits a new start..."
Acht Minuten später ist der Traumflug leider vorbei...doch was ist schon 'Zeit' beim Hören solcher Musik ?
"The Bird-Serpent War", der bis dahin unzugänglichste Song, reißt die Seele aus ihrem Communion And The Oracle-Wolkenflug. Ist aber trotzdem klasse, wie ich nach mehrmaligem Hören feststellen durfte.
Aber was hiernach kommt..."On the Breath Of Poseidon", irgendwo zwischen Klassik und Soundtrack, ruhig und aufbrausend, dem Wellenschlag des Ozeans nachempfunden. Und "Egypt": orientalische Riffakkorde, grandiose Strophen/Refrains/Solos, wieder einer von diesen best of all times-Songs.
"...find the key - it draws the final line between what is and what should never be...".
Die letzten Pianotöne verklingen in der Wüstennacht. Hiernach findet ein Zeitsprung in der Story statt, von der Antike zur Gegenwart, von mystischer Mythologie zu allgemein-philosophischer Weltbetrachtung.
Es folgt: "The Death Of Balance/Lacrymosa". Der Tod des Gleichgewichts, akustisch entsprechend heavy dargestellt durch instrumentale Tonfolgen an der Grenze zur Disharmonie, anschließend die Trauer/Klage um eine aus den Fugen geratene Welt.
Bekräftigt wird dies im Killerrefrain des von brachialen Riffs eingeleiteten "Absence Of Light": "...Absence of light, unbalanced power, only then will we know...". Also diese paradoxe Welt der Gegensätze als unumgängliche Lernstufe für aus der Einheit gefallene Seelen. Ist es wirklich so, ist ohne die Gegensätze keine Erkenntnis möglich ? Brauchen wir die Licht- und Schattenspiele dieses Lebens/Sterbens, die Existenz von Zeit, um die Zeitlosigkeit zu begreifen ? Ist am Ende die vom Menschen selbst erschaffene Hölle auf Erden nur dazu da, um ein in jeglicher Hinsicht besseres Jenseits erfassen zu können ? Wäre der von jedem halbwegs gesunden Menschenverstand erwünschte Weltfrieden nicht schon hier und jetzt möglich, wenn jedes Individuum seinen Seelenfrieden gefunden, Mitgefühl und Respekt vor allen Lebewesen hätte ? Irgendwo muß man damit anfangen, mit dem Irrsinn aufzuhören ! All die Jahrzehnte und Jahrhunderte bestimmt von Profitgier, Hass, Neid, Unterdrückung, Gewalt und den Kriegen verschiedener Art. Der prägnante Refrain von "A Fool's Paradise" macht es überdeutlich; was ist aus der Welt geworden, so darf es doch nicht weitergehen! Ein zum Text passend schneller und eindringlicher Track, inclusive Klassik-Einsprengseln.
Danach gibt's zur Entspannung ein atmosphärisches Akustik-Intro, bevor die Band mit "Rediscovery II - The New Mythology" nochmal alles an den Start bringt, was ihre Musik und speziell diesen Silberteller so überirdisch genial macht: fantastische Riffs und Keybordsounds, haufenweise exzellente Breaks und Übergänge, majestätische Melodien, weltüberragender, variabler Gesang. Und nicht zuletzt die kongenialen Texte mit ihrem faszinierenden Licht- und Schattenspiel: "...Goddess of truth speaks eternally, from the dephts of the pages...". Und weiter aus "Rediscovery II", wo das Gesamtkonzept noch einmal resümiert wird: "...Whave we done? Can we right all the wrongs, the evils and fears for thousands of years, that forever drain our vitality ? Can this go on without dyer consequence (abdanken?) ? Our tragic ways, the end of days that shadow the dawn of eternity ..."
Schließlich: "Lost evermore, the essence of truth, altough she tried in vain to bring us peace, it will ever rest in our hands...".
In euren Händen liegt es nun, eure Seelenwelt mit diesem Musikmeisterwerk zu bereichern. Wer (wie ich) Alben wie Heaven And Hell, Awaken The Guardian, Into The Everflow, Carved In Stone, Scenes From A Memory, The Warning oder The Universal Migrator zu den absoluten Highlights aller Zeiten dieser Musikrichtung zählt, wird auch "The New Mythology Suite" für sich verewigen.
"Choose the way, five paths there for you to find...". Nicht nur ein Weg führt nach Elysium . . . Atlantis . . . Tir Nan Ogh . . . Avalon . . . Celephais . . . Sona-Nyl . . . Arcana . . . in die Ewigkeit.

- Eddi -