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NEW MODEL ARMY -  All of this / The “Live” Rarities (1999) (EMI)

“Resteverwertung” durch das alte Label und von der Band selbst nicht empfohlen, konnte mir Martin zu dieser CD an Infos mitteilen. Daß NMA mit dieser Zusammenstellung alter Livetracks (1985-1990) nicht viel zu tun hatten, erkennt man schon von außen: das Cover stammt nicht wie gewohnt von Joolz, die sonst für das Erscheinungsbild der Army-Alben verantwortlich zeichnet, Texte oder ähnlichen Luxus gibt es somit natürlich auch nicht. Interessant ist diese Compilation für den Fan aber trotzdem, denn es sind 14 Songs (plus ein „hidden track“) auf der CD versammelt, die früher als B-Seiten diverser Singles/Maxis erhältlich waren, welche mittlerweile aber vergriffen sind. Wer nicht den Nerv hat, stundenlang Plattenkisten auf Flohmärkten oder in 2te-Hand-Läden zu durchwühlen, um altes NMA-Vinyl zu erstehen (da ist wohl auch eine Menge Geduld und Sammlerehrgeiz vonnöten), hat so wenigstens die Möglichkeit, sich rares Material kostengünstig ins CD-Regal zu stellen.

Da wäre z.B. das ziemlich alte Stück „A liberal education“ vom „Vengeance“-Album (hier in einer über 6 Minuten langen Version von ´86), das NMA auch auf dem Taubertal-Festival 2001 wieder gespielt haben. Es fällt auf, daß die Band in den 80ern zumindest auf den vorliegenden Aufnahmen live sehr roh und etwas härter als heute klang, während für die aktuelle Besetzung einige Stücke hörbar umarrangiert wurden („51st state“ jetzt mit Reggae-Einschub: klingt ein bißchen ungewöhnlich, aber gut). Interessant ist die CD auch dann, wenn man die anderen Live-Veröffentlichungen der Band bereits sein eigen nennt, da es z.B. mit der „...& nobody else“-Doppel-CD kaum Überschneidungen bei der Titelauswahl gibt. „The hunt“ ist zwar auf beiden Alben zu hören, der Unterschied ist allerdings phänomenal; zugunsten der neuen, langsameren Version, die zeigt, wie wandlungsfähig New Model Army auch nach über 20 Jahren immer noch sind, was einen Visions-Schreiberling nicht daran hinderte, die Band nach ihrem Bizarre-Konzert im Sommer 2001 als „verstaubt“ zu bezeichnen. Des Menschen Meinung sei sein Himmelreich, aber da möchte ich dann doch mein Veto einlegen.

Wenn die Band mit diesem Release nicht so glücklich ist, kann man das aus ihrem Blickwinkel heraus gut verstehen, weil hier einfach nur Aufnahmen aneinandergereiht wurden, die es früher auf verschiedenen Singles gab, ein paar Extras wie Kommentare der Band, Live-Fotos von der jeweiligen Tour oder alte Konzertplakate wären da schon angebracht gewesen. Dem Stallgeruch einer lieblosen Zusammenstellung ohne Liebe fürs Detail zum Trotz kann man als Fan aber schon mal den Kauf ins Auge fassen, es sei denn, man nimmt das Aufspüren und Nachkaufen der alten Vinyl-Maxis in Kauf. Das macht zwar Spaß, kostet aber auch Zeit und Geld. Fazit: Eine CD, die einem das Label ohne großen Aufwand vor die Füße wirft, die aber für Sammler mit wenig Geld und Neueinsteiger irgendwie schon sinnvoll ist, sofern man sie günstig erstehen kann. Eine „Resteverwertung“ deutlich besserer Art ist „B-Sides and abandoned tracks“ mit hochkarätigen Songs, die es aus unerfindlichen Gründen nicht auf die jeweils aktuellen Studioalben geschafft haben.

- Stefan - 11/01