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SAVOY GRAND - Burn The Furniture (2001)

fragile  
   
thoughts and feelings
 
sound in silence
 
             movement in stillness
 
          a crack in the ice
of a new morning   
   
kind of blue
 
     living
    in the small hours
of solitude
 
adrifting silver clouds
 
frozen roses
 
               city in neonlights
 
and dark oilstain on black asphalt
bears a shimmering
 
rainbow within
 
remember
           hope
                        will
paint your heavens
in any colour you like
 
fate
in grey or blue
 
          dawning
 
happiness
 
inside
I know
 
 
    
 
- heiko, 29.12.2003; 4:01 a.m.
'til 4:49 a.m. -

 

SAVOY GRAND- Burn The Furniture (2001) (der zweite Versuch...)

Wenn ich der Stimmung dieses ungewöhnlichen Albums auch bereits vor fast genau einem Jahr in Gedichtform huldigte, komme ich scheinbar nicht umhin, der Neigung nachzugeben, doch noch ein, zwei konkretere Worte zu dessen unorthodoxen Sound loszuwerden. Denn dieser offenbart sich glücklicherweise mal wieder als eine weitere Folge aus der leider viel zu kurzen sowas-hat-man-noch-nicht-gehört!-Reihe: völlig in sich gekehrt, ruhig, atemanhaltend, jederzeit emotionsangefüllt zeigen sich Savoy Grand als eine eigenwillige Neudefinition oder eigentlich mehr noch als ein geradezu archetypischer Inbegriff dessen, was wir allgemein mit dem Begriff Melancholie zu umschreiben pflegen. Aller offensichtliche Ausdruck wurde bis auf die Knochen reduziert; doch nicht einmal die feinen, zarten Knöchelchen eines kleinen Vogels würden als allegorisches Bildnis die Reduziertheit und Leichtigkeit dieses feingesponnenen Klanggebildes einzufangen vermögen - eher schon dessen Federkleid, welches willig vom ersten Wind sich mittragen läßt, der weht. In die Weite einer allumfassenden Himmelsbläue hinein.
In Szene gesetzt wird dies von filigranen Gitarren, gelegentlichen dezent tragenden Hammonds und Streichern, ebenso dezentem Piano oder auch mal einer einsamen Miles Davis-Trompete respektive einem aus dem Hintergrund wehmütig seufzenden Akkordeon, meist extrem zurückgenommenem Schlagzeug - und natürlich der äußerst gefühlvollen, introvertierten und zugleich ausdruckstarken Stimme eines Ausnahmetalents namens Graham Langley. Massiv emotionsbeladen und zugleich von solch wunderbarer Unbeschwertheit.
Nur zwei, dreimal brodelt die Gischt kurz hoch wie wenn ein heißer, zähfließender Lavastrom in den abkühlenden Ozean eintaucht. So etwa am Ende von "Business Is Good". Oder bei "Glen A. Larson", das sich in den ersten 3'40'' leise, sich nahezu an die Hörschwelle heranlauschend, anläßt, um in der Mitte gleich einem plötzlichen Gewitter diese eindringlichen, fetzig-ekstatischen, verzerrten elektrischen Gitarrenausbrüche als Blitz und Donner über eine bis dahin stillbewegte, nahezu hingehauchte Klanglandschaft von durchscheinender Transparenz, aufbrausend hinwegrollen zu lassen.
Trotz aller Schwermut ist das Werk keineswegs als hoffnungslos zu bezeichnen, da selbige sich in immer neuen, unsagbar schönen Gitarren- und Gesangsharmonien auflöst. Herausheben möchte ich dahingehend die beiden abschließenden Stücke "The Mirror Song" und "Face Down In A Fountain", währenddessen man tatsächlich dem Titel entsprechend den Eindruck vermittelt bekommen kann, kopfüber in einen grundlosen, überquellenden, wonnegefüllten Brunnen einzutauchen...
Harmonien für die Ewigkeit.
Elegische Kleinkunst aber wirklich ein jeder der neun Songs für sich, erinnern Savoy Grand, zwar entfernt, jedoch noch am ehesten an Sigur Rós, in ihrer stilistischen Expression allerdings um einiges nüchterner und zurückgenommener angelegt als die nach wie vor innigst geliebten Isländer. Dakota Suite dürfte man wohl ebenfalls zu deren geistigen Soulmates zählen (wenn ich mit diesen jedoch bislang bedauerlicherweise nur sehr ungenügende Bekanntschaft schließen konnte). Das erste Album - und nur dieses - von The Fullbliss (sympathischer Name, so nebenbei bemerkt) "Fools And Their Splendor" (cooler Titel, so nebenbei bemerkt) fiele mir als Reverenz noch ein, auf welchem diese Band einen unaufgeregten, folkigen, partiell beinahe kammermusikalischen Stil etablierte. Darauf greift man gerne mal zurück, wenn man nächtens um drei, zum Ausklang eines langen Tages, den angenehm ermüdeten Geist in etwas lakonisch Bluesigem einlegen möchte. Letztlich würde ich sie damit charakterlich vielleicht doch eher in einer zwielichtigen, nebligen Ecke zusammen mit den Walkabouts ("Devils Road") herumstehen sehen, um mal eben gemeinsam ein Zigarettchen zu rauchen. Justin Sullivans Soloalbum "Navigating By The Stars" fällt mir dann noch ein, welches überflüssigen Bomb- & Ballast gleichfalls größtenteils über Bord kippte: einfach nur ein Mann, seine Gitarre, unter ihm das Meer, über ihm die Sterne... Oder auch die ruhigeren Sachen von Nick Cave (dessen Mörderballade "Henry Lee" sinnfälligerweise von den eben erwähnten The Fullbliss eine Neuinterpretation erfuhr - schließt sich da jetzt ein gedanklicher Kreis?). So, damit für heute genug Verwandtschaftsforschung getrieben. Ein wirklich trefflicher Vergleich, wie anfangs angedeutet, ist zu Savoy Grand sowieso kaum herzuleiten.
Savoy Grand werden sicherlich nicht jedem gefallen, manche werden sie vorschnell als schlicht Langweilig abtun und ignorieren. Tatsächlich wäre die knappe Stunde voll bewußt und konzentriert zu durchreisen, ohne auch nur ein einziges Mal einen Gedanken aufkommen zu lassen und damit, den tonalen Raum verblassend, abzuschweifen, eines Zen-Meditationsmeisters durchaus würdig. Am entscheidendsten dürfte wohl sein, ob man zu ihren Stimmungen einen Zugang findet, ob sie im eigenen seelischen Resonanzraum einen Widerhall zu erzeugen vermögen. Ich selbst lege sie mir auch nicht bei jeder denkbaren Gelegenheit auf, es braucht dazu schon einen entsprechenden mentalen Zustand, oder vielleicht die zusätzliche Affinität einer passenden Tages-, Nacht- oder Jahreszeit: Herbst und Winter böten sich an bzw. die im englischsprachigen Raum sogenannten Small Hours, die Morgenstunden von etwa drei bis sechs Uhr, in welchen sinnigerweise auch diese hier zu lesende Besprechung erste Rohfassung annahm.
Den Texten ein Ohr zu leihen, nachdem man die auf unumschränkt unique Weise völlig in sich gekehrte Musik ausreichend hat auf sich wirken lassen, vertieft den Eindruck noch. Besonders berühren konnten mich auf dieser Ebene "A Trained Dog" und das schon erwähnte "Face Down In A Fountain", welches in M&T mit einem fast schon unerhört wie unerwartet positiven, beseligenden Feeling entläßt.
Musik, welche, in einer Umgebung deren Dunkelheit nur durch die vereinzelte Röhre eines harten kalten Neonlichtes dürftig durchdrungen wird, von zaghaft flackernder und doch bestimmt aufglänzender existenzialistischer Form berichtet.
Musik, welche im äußeren Raum Innerlichkeit Einzug halten läßt und der allzu häufig vernachlässigten Stille ein warm erleuchtetes Zuhause anbietet.

*****

you got the life you wanted

it fills you up

now there will be no end

to your happiness

i know how you got here

and i know

how you left

i know

 

- Heiko - 09.12.2004 / 05:08 'til 06:23 a.m.