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KARI BREMNES -11 ubesvarte anrop (2002)

kari bremnes - 11 ubesvarte anropDerzeit (Mitte Juni 2003) ist noch völlig ungewiß, ob dieses in Norwegen bereits vor über einem halben Jahr erschienene Album in der norwegischen Originalfassung überhaupt jemals offiziell in Deutschland veröffentlicht wird. Von diesem Album soll nämlich noch eine neue Version mit englischen Texten erscheinen, die vermutlich für den Markt außerhalb Skandinaviens gedacht ist. Unter kommerziellen Gesichtspunkten mag diese Entscheidung nachvollziehbar sein, da außerhalbe Skandinaviens sicher weitaus mehr Menschen Englisch verstehen als den nordnorwegischen Dialekt, in dem Kari Bremnes ihre Songtexte, die mindestens ebenso wichtig sind wie die Musik, verfaßt. Gleichwohl finde ich persönlich die Entscheidung, sich diesem Sprach-Imperialismus zu beugen, äußerst bedauerlich, da gerade der Klang dieses nordnorwegischen Dialekts ganz wesentlich zur Authentizität der Songs von Kari Bremnes beiträgt. Selbst wenn die englischen Übersetzungen so perfekt sein sollten wie auf der "Norwegian Mood" und wenn die musikalischen Arrangements identisch sein sollten, der Charakter der Songs wird nicht mehr derselbe sein! (Man stelle sich vor, Edith Piaf hätte "I don´t regret anything" gesungen! - Das ist so, als würde man zu jedem, wirklich jedem Essen, ordentlich Ketchup dazukippen!) Ich wüßte ja mal gerne, ob die englischen Versionen Karis eigene Idee waren, oder ob sie von anderen dazu gedrängt wurde. Wenn es Kari Bremnes darauf ankommt, daß ihre Texte auch außerhalb Skandinaviens verstanden werden, wäre es in meinen Augen eine weitaus bessere Lösung gewesen, im Textheft neben den Originaltexten Übersetzungen in Englisch oder der jeweiligen Landessprache abzudrucken, so wie es z.B. das Kölner Label Westpark Music mit vielen Veröffentlichungen aus Schweden und Finnland macht. Auf diese Weise bleibt wenigstens die Authentizität der Songs erhalten. Sorry, aber das mußte ich jetzt vorab einfach mal los werden!
Nun, da ich seit kurzem nicht mehr hinter dem Mond lebe, sondern endlich auch über einen eigenen Internet-Anschluß verfüge, habe ich mir dieses Album, dessen Titel übersetzt "11 unbeantwortete Anrufe" heißt, sogleich online bei Kirkelig Kulturverksted (www.kkv.no) bestellt und es nicht bereut.
Es fällt schwer, einzelne Songs hervorzuheben, da alle mehr oder weniger auf einem gleich hohen Niveau liegen. Kari Bremnes setzt hier ihre Stimme zwar nicht so variabel ein wie etwa auf "Løsrivelse" oder "Svarta Bjørn" (eine solch intensive Atmosphäre wie bei "Sangen om fyret ved Tornehamn", "Byssan lull" oder "Sangen om ka ho Anna drømte om" findet man hier nicht) und die Songs sind durchgehend ruhig bis sehr ruhig, aber sie klingen keineswegs gleich.
Im ersten Song "Du skulle vært her" ("Du hättest hier sein sollen") geht es um das Thema "Vergänglichkeit"
("Ich stehe (da) und schaue hinaus, da geht ein alter Mann vorbei, Er ist nur alt, er ist nicht mehr ein Mann,
Aber wir kommen auch dahin, beinahe unauffällig, daß das Glitzern in uns langsam in Sand übergeht... Und Tage haben Namen, aber niemand kann sie wieder nach Hause rufen, Tage sind glückliche Kinder, die zu Jahren (heran-) wachsen, Sie können nicht zurückfinden und niemand kann ihnen folgen, Sie spielen ein bißchen mit uns und dann müssen sie gehen wenn sie gehen".) und - so verstehe ich die mehrfach wiederkehrende Zeile "Du hättest hier sein sollen" - darum, daß man angesichts dieser Vergänglichkeit möglichst viel seiner Lebenszeit zusammen mit der Person (oder auch den Personen), die man liebt, verbringt bzw. verbringen möchte.
Vom Gesang her fällt wohl der zweite Song "Beskyttelse" ("Schutz") am stärksten aus dem Rahmen, da dieser zwei längere Passagen mit Sprechgesang enthält. Das Wort "Rap" möchte ich in diesem Zusammenhang nicht benutzen, da Karis Sprechgesang doch herzlich wenig mit dem zu tun hat, was man von Eminem und Konsorten kennt. In diesem Song schildert Kari zunächst, wie sie als Kind wohlbehütet im Schutz ihres liebevollen Elternhauses aufgewachsen ist und dank der Fürsorge und Liebe ihrer Eltern schließlich eine eigene Schutzhaut entwickelt hatte, als der Schutz ihrer Eltern eines Tages nicht mehr da war. Im folgenden führt Kari dann aus, daß es eigentlich nur einen Beschützer auf Erden gibt, und dieser heißt Wille. Wenn der abhanden kommt, bleiben nur Instinkte, Triebe und Gefühle, welche dann statt des eigenen Willens die Entscheidungen für einen treffen. Zum Schluß wird Kari dann metaphorisch, wenn sie davon singt, daß man den Willen wie ein Kleidungsstück zunächst anprobieren können müßte, um festzustellen, ob die Größe auch die richtige ist: "Einige haben einen schwachen Willen und hätten einen starken gebrauchen können, einige haben einen starken, für den sie nie Verwendung haben, das Leben macht es nicht notwendig."
Im nachfolgenden "Et anna sted" ("Ein anderer Ort") beschreibt Kari eine Frau, die einerseits ihr Leben gerne ändern würde ("Sie denkt an den Job, den sie eigentlich hätte haben sollen, das, was sie will, ist schreiben, Sie schreibt an einem Manuskript und sie hätte jemanden gebrauchen können, um es ihm zu zeigen"), hierzu jedoch nicht in der Lage ist ("Sie sagt zu sich selbst, daß sie ihn diesen Frühling anruft, Und das hat sie gesagt, daß sie (es) wird, einige Jahre lang, (Sie) wartet, sie wartet immer, Sie weiß, daß es kommt, und schaut nach dem Zeichen...Schaut auf das Handy mit einer Nachricht von ihm, Ob (sie) ins Café gehen, Glaubt, daß sie will, ist zugange mit einer Antwort, daß sie ein bißchen mitarbeitet...Die Nachricht bekam sie im Sommer, Und nun ist es Frühling"). Wie bei nahezu allen Songs von Kari Bremnes wird auch dieser - passend zum Text - in einer melancholischen Grundstimmung vorgetragen.
Während die Lieder, die Kari Bremnes bisher zum Thema Liebe bzw. Beziehung zwischen Mann und Frau gesungen hat, meist ein unglückliches Ende hatten, ist "Zarepta" (die deutsche Schreibweise lautet wohl "Sarepta") mal ein "richtiges" Liebeslied, allerdings nicht auf dem ausgelutschten und unterirdischen "Baby, I love you so"-Niveau. "Mein Name wird Sarepta sein, wenn du kommst, Und auch du wirst einen Legendenamen haben...Und du wirst deine beiden Hände füllen, Und all dein Verlangen stillen an meiner Haut...Und alles was ich nicht sage, kannst du hören, Ein Engel geht in meinen Zimmern herum, Mein Krug ist der Körper, den du berührst, Laß unsere Legende nie umgeschrieben werden..." Nein, ich werde jetzt nicht erklären, was es mit "Sarepta" auf sich hat! Damit der neugierige Leser dieser Rezension noch etwas "für zu Hause" hat, verweise ich hier nur auf das erste Buch der Könige (findet man im Alten Testament), Kapitel 17, Vers 8 bis 24. (Ich mußte da selbst auch erst mal nachgucken.) Wenn man das liest, wird man den Inhalt von Karis Text noch etwas besser verstehen können. Ich wage mal zu behaupten, daß keines der Millionen Platten verkaufenden weiblichen amerikanischen oder deutschen Popsternchen (Namen spare ich mir mal) jemals einen solchen Text zu verfassen in der Lage wäre (sofern die überhaupt ihre Texte selbst schreiben)! Sollte es mir jemals gelingen, Kari Bremnes zu interviewen, werde ich sie noch fragen, ob ihr in der Textzeile "Denn wie Jesaja bist du von Gott gesandt" eine Verwechslung unterlaufen ist (da es Elija war, der nach Sarepta gesandt wurde).
Der musikalisch vielleicht schönste Song auf diesem Album ist "Fantastisk allerede" ("Bereits fantastisch"), den ich als richtigen norwegischen Chanson bezeichnen würde, da mir der Begriff "Popsong" in diesem Zusammenhang wie eine grobe Beleidigung erscheint. Der Refrain ist einfach nur wunderschön! Im Hinblick auf die Art und Weise der Charakterisierung von Mann und Frau erscheint mir der Text entfernt wie "Ei tid for alt" (zu hören auf der "Månestein") mit umgedrehten Vorzeichen, wobei die Ausgangssituation allerdings eine andere ist. Während Kari in "Ei tid for alt" auf humoristische Weise beschreibt, wie eine Frau letztlich vergeblich versucht, einen gelehrten, sehr ernst wirkenden Mann, der aber nichts als seine Bücher im Kopf hat, zu verführen, wird hier mit leicht ironischen Unterton, der dieses Mal allerdings die Frau betrifft ("Sie war wie gewöhnlich etwas zu spät, Sie war wie gewöhnlich nicht ganz zufrieden mit dem Flugzeugsitz, Und der Lachs hatte etwas zuviele Gräten...Sie war wie gewöhnlich nicht ganz zufrieden mit dem Haar und sie fragte, ob sein Hemd sauber sei..."), das langsame Auseinanderfallen einer Beziehung geschildert, in welcher der Mann ein richtiger Gemütsmensch zu sein scheint, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen läßt ("Er war wie gewöhnlich etwas zu ruhig, Er war wie gewöhnlich etwas zu fröhlich") und auf Vorhaltungen seiner Frau immer mit einem "Mir geht´s bereits ganz fantastisch!" reagiert, auch als sie die Beziehung noch retten möchte und am Schluß zu ihm sagt: "Ich kann beweisen, daß wir es wieder gut hinbekommen, Aber gehst du, bekommen wir keine Chance dazu!"
Im folgenden "Kontroll" ("Kontrolle") geht es um das Thema Drogenabhängigkeit bzw. deren Herunterspielen durch die Betreffende: "Ich nehme nicht so viel, Ich nehme es ab und zu, Und ich habe volle Kontrolle... So lächele und kümmere dich nicht, Ich bin genau wie vorher, Ich bin dasselbe Mädchen, das du kanntest... ich kann aufpassen, Das ist doch das, was ich mache, Ich weiß, es gibt soviel Gutes in Aussicht, Wenn du volle Kontrolle hast". Die musikalische Begleitung erzeugt bei diesem Stück nach meinem Empfinden schon eine leicht tranceartige Stimmung.
"Lys anorakk" ("Heller Anorak") erinnert wegen der sehr spärlichen Instrumentierung etwas an "Sang til en mann" auf der "Månestein". Thematisch geht es um eine Erinnerung, ausgelöst durch ein zufällig beim Durchblättern eines Buches herausgefallenes Foto, an eine schöne gemeinsame Vergangenheit, "und das war lange, bevor wir einander gehen ließen." Der Text ist in der Form eines Selbstgesprächs verfaßt, an dessen Ende es dann heißt: "Ich rede noch zu dir, als ob du zuhörtest, So lange, nachdem wir einander gehen ließen." Ich finde, daß die in der Stimmung dieses Stückes bzw. dieses Textes zum Ausdruck kommende Mischung aus Melancholie und Wehmut nahezu typisch ist für die Songs von Kari Bremnes.
Das trifft auch wieder auf das nochfolgende "Klar" ("Bereit") zu, wo es u.a. auch wieder um die Thematik geht, daß sich zwei Menschen auseinandergelebt haben: "Ich bin bereit für ein Casino, Ich bin bereit für Bethlehem, Ich bin bereit für jeden Ort, Aber nicht für daheim...Der Sommer steht am Fenster, Ich will, daß sie gehen soll, Sie hat zuviel Schminke und Parfüm aufgetragen, Ich sehe, sie hat sich verändert, ist nun anders geworden, Daß der Sommer fremd werden sollte, der ganze Sommer und du, Mir scheint, ich kann eine Stimme hören, Mir scheint, ich kann meinen Namen hören, Mir scheint, ich kann ihn überall leise hören, Es ist nur der Klang des Vermissens." Es scheint mir schon fast charakteristisch für Karis oft bilderreiche Sprache, daß hier der Sommer als Person dargestellt wird (was etwa auch schon in "I mai" auf den Alben "Månestein" und "Soløye" der Fall war), der bestimmte menschliche Eigenschaften (in einer anderen Strophe heißt es: "...Ich bitte sie nicht herein, Sie hat zuviel Gelächter und zu leichte Schritte...") zugeordnet werden. Ob es Zufall ist oder aber einen bestimmten Grund hat, daß Kari in diesem Song vom Sommer in der weiblichen Form ("sie") spricht, obwohl das Wort "Sommer" im Norwegischen wie im Deutschen männlich ist, vermag ich nicht zu sagen.
Fast alle Songs sind ja mehr oder weniger melancholisch, aber am meisten unter die Haut geht mir "Vals" ("Walzer"), der beschreibt, wie eine Frau daheim Abend für Abend auf die Rückkehr ihres Mannes wartet ("Kommt Licht in ein Fenster, wo der Mond hineinschaut, Kommt Licht, wo sie wartet und wacht"), der zur See gefahren und eines Tages nicht mehr zurückgekehrt ist ("Es ist das zwanzigste Jahr, daß in Entbehrung geschrieben wird, Kommt Tod zu einem lebendigen Gefängnis, Er kam nie zurück (in) einer Frühlingsnacht wie jetzt, Kommt eine Nachricht, kommt ein Grab ohne Sarg, Kommt ein zum Himmel gerichteter Ruf: nicht du, nicht du!, Ich werde dich daheim erwarten bis zum Ende"). Kann man die Intensität von Liebe und Sehnsucht stärker als durch diese Umschreibungen darstellen? Ich finde, gegenüber diesem indirekten Weg, Gefühle auszudrücken, würde eine direkte Aussage wie "Ich liebe dich wahnsinnig" immer noch blaß wirken. Woher kommt die Hoffnung, obwohl doch das vergebliche Warten seit 20 Jahren und das Grab gegen jede Hoffnung zu sprechen? Die verzweifelte(?) Hoffnung wird, wie es die Worte "Grab ohne Sarg" vermuten lassen, allein dadurch genährt, daß der Tod des Geliebten ohne seine Leiche (daher kein Sarg) nie zur absoluten Gewißheit wurde. Die Liebe und die Sehnsucht sind stärker als die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Todes. So heißt es dann am Ende dieses Songs: "Sie wird an ihrem beleuchteten Fenster stehen, Er wird wiederkommen, es ist ein Pakt eingegangen worden, Zwischen Frau und Mann und einem Schiff". Wenn ich diese Beschreibungen lese, sehe ich die Situation wie auf einem Bild oder in einem Film vor mir. Ich denke, perfekter und überzeugender als Kari Bremnes dies mit ihrer Stimme macht, kann man die in ihren Texten be- bzw. umschriebenen Stimmungen und Gefühle nicht ausdrücken.
Auf den vorletzten Song "Finn veien, engel" gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein, sondern verweise stattdessen auf meine Ausführungen hierzu in der Rezension der "Desemberbarn". Anzumerken ist lediglich, daß das Arrangement sich hier etwas von demjenigen auf der "Desemberbarn" unterscheidet, wobei mir persönlich die etwas "dezentere" Version auf "Desemberbarn" ein bißchen besser gefällt.
Beschlossen wird das Album mit "Tia det må ta" ("Diese Zeit muß es brauchen"), einer Coverversion einer mir (mal wieder) bislang unbekannten Sängerin namens Sandy Denny (im Klappcover des Digi-Paks steht "Sanny Denny"), wobei sich Kari Bremnes bei der Übersetzung nicht streng an den englischen Originaltext gehalten, sondern die eine oder andere inhaltliche Änderung vorgenommen hat. Anstelle weiterer Ausführungen verweise ich an dieser Stelle auf www.informatik.uni-hamburg.de/~zierke/sandy.denny/, wo man u.a. auch eine englische Rückübersetzung von Karis norwegischer Version findet.
In meinen Augen bzw. Ohren ist "11 ubesvarte anrop" musikalisch vom Gesamteindruck her sicherlich das homogenste und abgesehen von der "Løsrivelse", auf der die Kompositionen allerdings von Ketil Bjørnstad stammten, sowie den ersten 6 Songs der "Spor" auch das schönste Album von Kari Bremnes, wobei es allerdings zumindest auf der "Svarta Bjørn" vereinzelte Songs gibt, die mir noch besser gefallen. Was die Texte angeht, ist Kari Bremnes ohnehin eine Klasse für sich. Ob es, wie in manchen norwegischen Plattenkritiken zu lesen war, ihre bislang besten Texte sind, lasse ich mal dahingestellt, denn was sie auf dem Konzeptalbum "Svarta Bjørn" verfaßt hat, hat mich schon sehr tief beeindruckt, und auch bei den Übersetzungen der Texte ihrer anderen Soloalben habe ich die darin investierte Zeit in keinem Fall bereut.
Für mich persönlich ist Kari Bremnes (in Abwandlung des "King of Rock´n´Roll") "Melankoliens og Lengselens Dronning", d.h. "Die Königin der Melancholie und der Sehnsucht".
Wer nicht warten will, bis die englische und - vielleicht - auch die norwegische Originalversion in Deutschland veröffentlicht wird, kann die CD - wenn er sich mit dem Payex-System auskennt oder aber im Besitz einer Visa-Karte ist - direkt online bei Kirkelig Kulturverksted bestellen (oder nur einzelne Songs gegen Bezahlung downloaden).
Wer Interesse an deutschen Textübersetzungen hat und sich nicht daran stört, daß diese nicht perfekt und zudem etwas holprig sind, kann sich an den Verfasser dieser Zeilen wenden.

 - Burkhard - 06/03

Nachtrag (Juli 2003): Wie ich inzwischen von jemandem, der die englische Version dieses Albums bereits gehört hat, erfahren habe, unterscheidet sich diese hinsichtlich der Arrangements nicht von der Originalversion.
Anders sieht das schon bei den englischen Songtexten aus, die ich bereits lesen konnte. Nahezu wortwörtliche Übersetzungen waren sicher nicht zu erwarten, aber an einigen Stellen ergibt sich bei einem Vergleich der englischen Texte mit dem norwegischen Original nach meinem Eindruck schon eine mehr oder weniger starke Änderung des Sinns. Die Texte sind zweifellos immer noch gut, aber ich finde, im norwegischen Original wirken sie meist noch intensiver, sind noch etwas bildhafter und ausdrucksstärker. Wenn es im norwegischen Original von "Zarepta" etwa heißt "Og du skal fylle begge dine hender og stille all din lengsel ved min hud" ("Und du wirst deine beiden Hände füllen und dein Verlangen stillen an meiner Haut") und man im englischen Text an dieser Stelle nun liest "And later what was lost will be returned You´ll satisfy your longing by my side", liegt darin nach meinem Empfinden qualitativ schon ein deutlicher Unterschied. Ebenso zwischen "En engel går omkring i mine rom Mi krukke e den kroppen du berøre" ("Ein Engel geht in meinen Zimmern umher - Mein Krug ist der Körper, den du berührst") und "And something shadows everything we do Zarepta holds the urn that never empties". Das klingt an diesen Stellen im Englischen fast nach einer etwas "entschärften" Version, damit auch noch die oberprüdesten Amis keinen Anstoß an der Wortwahl nehmen.
In "Fantastisk allerede" singt Kari in der Originalfassung kurz vor Ende "Ho sa: æ kan bevise at vi får det fint igjen Men går du, får vi ingen sjanse te det!" ("Sie sagte: Ich kann beweisen, daß wir es wieder gut hinbekommen, aber gehst du, dann bekommen wir keine Chance dazu!"), während im Englischen dort nun zu lesen ist "She said to him I´ll show you we can have good times again But only if you play the straight and steady". Man mag mir jetzt übertriebene Pedanterie und Erbsenzählerei vorwerfen, aber ich sehe hierin schon eine gewisse Sinnänderung. Während es im Originaltext den Anschein erweckt, als würde es sich die Frau selbst zutrauen, die Beziehung wieder einzurenken, wenn nur ihr Mann nicht geht, und offen bleibt, ob sie bereit wäre, ihn künftig zu akzeptieren, wie er ist, wird in der englischen Version eine Besserung der Beziehung von der Frau klipp und klar mit der Bedingung verknüpft, daß ihr Mann sich zu bessern habe ("but only if you play..."). Aus einer Bitte wird somit eine Forderung.
In achten Song "Klar" hat Kari gleich eine ganze Reihe Wörter (meist Ortsbezeichnungen) ausgetauscht, anstatt sie zu übersetzen bzw. (bei Eigennamen) beizubehalten, und den zweiten Vers praktisch völlig neu und zugleich direkter formuliert, nämlich direkt an ihr Gegenüber gerichtet ("...but you"). Einige Zeilen hat sie ganz gestrichen, so etwa die Metapher "Sommeren står i vinduet" ("Der Sommer steht am Fenster"), und anstelle von "at sommeren skulle bli fremmed for mæ - sommeren og du" ("daß der Sommer für mich fremd werden sollte, der Sommer und du") heißt es nun "The only thing I know is That it´s not because of you", was in meinen Ohren irgendwie etwas platt klingt.
OK, das waren jetzt nur Beispiele, und wenn es sich auch in der Übersetzung reimen soll, muß man vielleicht auch schon mal Änderungen vornehmen, aber ich finde, daß sich auf diese Weise nicht nur durch die Sprache, sondern auch durch den Sinngehalt der Texte (wenn auch vielleicht nicht in ganz so starker Weise) der Charakter der Songs ändert.
Auf die meiner Ansicht nach bessere Lösung (Übersetzungen der Originaltexte im Textbooklet) habe ich ja schon zu Beginn meiner Rezension hingewiesen.